Dresdner Demonstrant vor Gericht: Holzhammer gegen Leuchtraketen

Ein 23-jähriger Anti-Nazi-Demonstrant wird wegen versuchten Totschlags angeklagt. Er soll 2011 in Dresden Polizisten angegriffen haben.

Dresden am 19. Februar 2011. Bild: dpa

DRESDEN taz | Fast drei Jahre nach den Krawallen bei den Dresdner Anti-Nazi-Demonstrationen vom 19. Februar 2011 ist ein 23-jähriger Stuttgarter wegen versuchten Totschlags angeklagt worden. Nach Recherchen der Sächsischen Zeitung soll der junge Mann nicht nur Steine geworfen, sondern auch zwei Leuchtraketen auf Polizisten abgeschossen haben. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren an die Stuttgarter Kollegen abgegeben, weil der Beschuldigte von dort stammt. Er soll der linksautonomen Szene zuzurechnen und wiederholt mit Attacken auf Polizisten aufgefallen sein.

Mit friedlichen Protesten, Sitzblockaden, aber auch mit Barrikaden und Angriffen auf Polizeibeamte hatten Demonstranten im Februar 2011 den bis dahin größten europäischen Aufmarsch von Nationalisten zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens 1945 verhindert. Die Ausschreitungen 2011 führten zu einem Umdenken bei Polizei und Stadtspitze und zu einem Konsens gegen rechts, in dessen Folge die Nazi-Aufmärsche wirksam zurückgedrängt werden konnten.

Die Anklage wegen zweifachen versuchten Totschlags, schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung durch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist die bislang schwerwiegendste bei der juristischen Aufarbeitung der Geschehnisse. Die Stuttgarter werten das vorliegende Videomaterial offenbar schärfer als die Dresdner Kripo-Sonderkommission oder der Staatsschutz. Insgesamt sind etwa 70 Jugendstrafverfahren eingeleitet worden.

Das Bündnis Dresden nazifrei zeigte sich von den Vorwürfen überrascht. Der Fall war bislang nicht bekannt. Vor einem Jahr war der Berliner Tim H. wegen angeblicher Rädelsführerschaft zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die aber noch nicht rechtskräftig ist. Für das bislang größte Aufsehen sorgte der Dresdner Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König. Wegen unvollständigen oder manipulierten Beweismaterials lief er im vorigen Sommer ins Leere und soll angeblich eine Instanz tiefer am Amtsgericht Dresden wieder aufgenommen werden. Nach Informationen von Königs Verteidiger Johannes Eisenberg hat aber die gezielte Auswertung des Videomaterials noch nicht einmal begonnen.

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