Dresden gedenkt der Bombardierung 1945: Weltoffenheit statt Hass und Hetze
Unter dem Motto „Dresden nazifrei“ finden am Jahrestag der Zerstörung zahlreiche Aktionen statt. Doch es wird auch mit rechten Protesten gerechnet.
Seit etwa fünf Jahren scheinen die Zeiten überstanden, in denen Tausende Neonazis das Gedenken an die Zerstörung Dresdens für ihre Aufmärsche missbrauchten. Am 13. Februar 1945 hatten britische und amerikanische Flugzeuge vor allem die Innenstadt bombardiert, etwa 25.000 Menschen starben. Die Beilegung des Streits, wie mit den Nazis und dem Tag des Bombardements umzugehen sei, hat zum Rückzug der aus ganz Europa zusammengetrommelten Braunen wesentlich beigetragen.
Am Mittwoch werden in Dresden die stillen und kulturvollen Gedenkformen dominieren. Höhepunkt wird um 18 Uhr die von der Stadt erneut ausgerufene Menschenkette um die Innenstadt sein, zu der wiederum mehr als 10.000 Menschen erwartet werden.
„Weltoffenes Dresden“ ist ein 2014 im Zusammenhang mit den ersten Pegida-Demonstrationen gegründetes Netzwerk von etwa 80 Dresdner Kulturinstitutionen. In diesem Jahr entwickelt das Bündnis neue dialogische Erinnerungs- und Gesprächsformate. Ein Bus lädt an verschiedenen Plätzen der Innenstadt und am Heidefriedhof zum Gespräch und zu Performances ein. Das stationäre Gegenstück bilden eine Ausstellung und Gesprächsangebote unter dem Titel „Große Auswahl. Einpacken für die Zukunft“ in der belebten Centrum Galerie. Veranstalter ist die Gesellschaft für Friedenskultur „Memorare Pacem“. Auf die Einkaufspassage anspielend sollen aus dem großen Angebot der Erlebnisse und Erinnerungen jene ausgewählt werden, die positiv für die Zukunft wirken können.
Der traditionelle „Mahngang Täterspuren“ an Orte der NS-Herrschaft in Dresden fand bereits am Sonntag statt. Etwa 500 Personen folgten dem Aufruf von „Dresden nazifrei“. Die Stadt setzt am Jahrestag bewusst auf dezentrale Gedenkformen an verschiedensten Orten. Vorträge, Diskussionen, Konzerte, Gottesdienste und stille Gebete bestimmen das Programm.
Störungen an der Frauenkirche erwartet
„Ich bin froh darüber, dass die Erinnerungskultur in Dresden in den vergangenen Jahren auf breite Füße gestellt wurde“, sagte Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke). Er sei 2018 wegen der von rechts propagierten „Hauptstadt des Widerstandes“ mit Bauchschmerzen als stellvertretender Intendant und Chefdramaturg an die Semperoper gekommen, gestand Johann Casimir Eule. Umso mehr habe er sich über die Entdeckung einer Gegenöffentlichkeit wie dieses „Weltoffene Dresden“ gefreut.
Störungen werden nur ab 14 Uhr an der Frauenkirche von der „Bürgerinitiative Wellenlänge Heidenau“ erwartet. Sie sympathisiert mit der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und steht der vom VS beobachteten Bewegung „Pro Chemnitz“ nahe. Die AfD will am Vormittag auf dem Heidefriedhof Kränze niederlegen und damit einem früheren NPD-Brauch folgen. Konfrontationen erwartet die Polizei eher am Freitag. Der NPD-Stadtbezirksbeirat Maik Müller rechnet mit etwa 500 Rechtsextremen, die seinem Demonstrationsaufruf folgen. Am Startort unweit des Rathauses werden Proteste und Blockaden erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance