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Dreifach-Mord im schwedischen UppsalaTäter wollte offenbar noch mehr Menschen töten

Die Schüsse in Uppsala zielten auf eine vierte Person. Drei junge Männer sind in Untersuchungshaft. Ein festgenommener 16-Jähriger ist wieder frei.

Polizeikräfte treffen am Einsatzort nach Schüssen auf dem Vaksala-Platz im Zentrum von Uppsala ein Foto: Fredrik Sandberg/TT News Agency/dpa

Härnösand taz | Knapp eine Woche nach dem Dreifach-Mord mitten im schwedischen Uppsala wird klar, dass es noch mehr Opfer hätte geben können. Mindestens auf eine vierte Person wurde in dem Friseursalon geschossen, ohne sie zu treffen, wie die Staatsanwaltschaft laut schwedischen Medien am Montag mitteilte. Das potenzielle Mordopfer habe nun Rechtsbeistand bekommen.

„Wir werden den Tathergang analysieren, um zu sehen, ob es noch mehr Zielpersonen gegeben haben könnte, im oder am Friseursalon, die beschossen wurden oder Gefahr liefen, verletzt zu werden“, sagte Staatsanwalt Andreas Nyberg dem Sender TV4.

Fast täglich werden neue Details bekannt, ein komplettes Bild ergibt sich bisher aber nicht. Eins war schnell klar: Der 16-Jährige, der wenige Stunden nach der Tat am vergangenen Dienstag festgenommen worden war, wurde wieder freigelassen. Der Verdacht, er habe die drei Menschen, darunter zwei Teenager, erschossen, besteht laut Polizei nicht mehr.

Seit Montag sitzt nun aber ein 20-Jähriger als verdächtiger Schütze in Untersuchungshaft, zudem ein weiterer 20-Jähriger und ein Minderjähriger – beiden wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Mord.

Weitere Ermittlungen

Drei weitere Männer im Alter von 25, 35 und 45 Jahren sind wieder auf freiem Fuß, gegen sie werde aber weiterhin ermittelt. Sie waren Ende vergangener Woche als mutmaßliche Auftraggeber der Morde festgenommen worden.

Die Tat am vergangenen Dienstag erinnerte Schweden an die teils extrem gewaltsamen Bandenkriege im Land, noch bevor irgendetwas über das Geschehen bekannt war. Die offenkundige Gleichgültigkeit des oder der Täter gegenüber der Öffentlichkeit – kurz vor der Walpurgisnacht, als die Stadt voller feiernder junger Menschen war – ließ viele fassungslos zurück.

Inwieweit die Tat von Uppsala der organisierten Kriminalität zuzuschreiben ist, wollte der Staatsanwalt auch am Montag nicht weiter öffentlich erörtern. Nach Informationen der Zeitung Svenska Dagbladet (Svd) sieht die Polizei den 20-Jährigen, der als mutmaßlicher Schütze verhaftet wurde, als Teil eines kriminellen Netzwerks an.

Schwedens Justizminister Gunnar Strömmer war am Freitag nach Uppsala gefahren, wo er mit Ermittlern sprach und den Tatort besuchte. Die Regierung tue alles, um die Entwicklung zu stoppen, etwa durch weitere Werkzeuge für die Polizei, sagte Strömmer laut SvD.

Präventive Fußfesseln

Die jetzige konservativ-rechte Regierung versucht seit Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren, besonders hart gegen Bandenkriminalität durchzugreifen. Zu den neuen Werkzeugen gehören „Sicherheitszonen“, die die Polizei temporär ausrufen kann, um jeden Passanten verdachtsunabhängig durchsuchen zu können.

Und erst am Sonntag diskutierten schwedische Parteispitzen präventive Fußfesseln für bislang nicht straffällig gewordene Jugendliche, wenn diese Gefahr liefen, in die Bandenkriminalität abzurutschen.

Vor allem Jugendliche waren es, die vor dem Friseursalon in Uppsala in den Tagen nach der Tat Blumen abgelegt hatten. Eins der Todesopfer war 15, eins 16 Jahre alt, es waren Schüler aus der Gegend.

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2 Kommentare

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  • Wenn über die Opfer berichtet wird es seien Schüler aus der Gegend gewesen, klingt das etwas anders als bei der schwedischen Polizei die gegen mindestens eins der Opfer wegen der Beteiligung an einem Anschlag auf einen Ganganführer ermittelt. Das Eine muss aber das Andere natürlich nicht ausschließen und ist dann halt eine Frage des gewählten Framings.

    • @Šarru-kīnu:

      Framen tun nur die Bösen!