„Dreams (Sex Love)“ auf der Berlinale: Die Grammatik der ersten Liebe
In „Dreams (Sex Love)“ verliebt sich eine 17-Jährige in ihre Lehrerin. Dag Johan Haugerud erzählt feinfühlig von Wucht und Folgen ihrer Gefühle.
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Von der Intensität der ersten Liebe zu erzählen, ist kein leichtes Unterfangen. Viele Coming-of-Age-Filme scheitern daran, die überwältigenden Gefühle und ihre transformative Wirkung auf eine visuelle Ebene zu übertragen.
Vielleicht verlässt sich Dag Johan Haugerud auch deswegen auf das gesprochene Wort und lässt seine Protagonistin ihre Empfindungen und Erlebnisse selbst einordnen. Und der norwegische Regisseur und Drehbuchautor tut gut daran: „Dreams (Sex Love)“ stellt die komplexe Dynamik aus Sehnsucht, Verwirrung, Ängsten und Hoffnungen berührend realistisch dar.
20. 2.,18.45 Uhr, Uber Eats Music Hall
21. 2., 17 Uhr, Zeiss-Großplanetarium
21. 2., 21 Uhr, Haus der Berliner Festspiele
23. 2., 12.30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele
Das Drama, das als dritter Teil einer Filmtrilogie angelegt ist, aber eine in sich geschlossene Geschichte erzählt, folgt der 17-jährigen Johanne (Ella Øverbye). Sie verliebt sich Hals über Kopf in ihre Französischlehrerin (Selome Emnetu), die obendrein fast denselben Namen, Johanna, trägt.
Was das für die Schülerin bedeutet, wird in minutiösen Beobachtungen erfahrbar. Für Johanne ist ein Schultag dann gelungen, wenn sie Johanna zumindest für einen kurzen Moment erspäht. Sie wählt sorgsam Outfits aus und deutet jede kleine Aufmerksamkeit als besondere Verbindung. Sie träumt sogar von ihr, fühlt sich danach schuldig – und kann schließlich nicht mehr anders, als sich Johanna anzunähern.
Empfohlener externer Inhalt
Worin diese Annäherung besteht und ob sie erwidert wird, bleibt fast bis zum Ende offen. Johanne schreibt allerdings eine Kurzgeschichte, die auch sexuelle Details enthält. Haugerud macht sie zum Ausgangspunkt für den zweiten Fokus seines Filmes: die besondere Bedeutung der ersten Liebe. Nachdem Johannes selbst als Autorin tätige Oma (Anne Marit Jacobsen) sowie ihre besorgte Mutter (Ane Dahl Torp) das Skript gelesen haben, entspinnen sich nicht nur Debatten darüber, wie darauf zu reagieren ist. Auch ihre eigenen Erinnerungen, ihr Verlangen nach Nähe, werden Thema.
In den Gesprächen der drei Frauen blitzen immer wieder generationelle Unterschiede im Verständnis von Emanzipation, Feminismus und weiblicher Selbstbestimmtheit auf. Haugerud zeigt in seinem feinfühligen Drama damit letztlich sowohl die Wucht der ersten Liebe, als auch wie sehr Begehren von gesellschaftlichen Erwartungen durchdrungen ist.
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