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Linke Strukturen und linkes Fortschrittsdenken haben zur Emanzipation verschiedener gesellschaftlicher Gruppen immer wieder beigetragen. Dafür muss man dankbar sein. Aber die Linke hat ein echtes Problem damit, wenn die eigenen gesellschaftlichen Fortschritte erfolgreich sind. Sie erträgt es nicht. Erfolgreiche Frauen? Werden als unfeministisch denunziert. Schwule als Minister? Sind angeblich ein Ausverkauf. Transvestiten im Fernsehen? Werden als Pinkwashing fertiggemacht. Wäre es nicht möglich, sich einfach zu freuen? Stolz zu fühlen auf die erreichten Fortschritte? Ihr habt diese Gesellschaft mitgestaltet, zum Besseren. Herzlichen Dank dafür. Hört auf diese Gesellschaft zu hassen.
Ich finde es schade, dass der Beitrag sehr viel Platz damit 'verschwendet' zu erklären, was Pinkwashing meint und in welchen Kontexten es derzeit thematisiert wird, anstatt der eigentlichen Frage des Artikels intensiv(er) nachzugehen. Die 'Analyse' verkommt so zu einem eher oberflächlichen, kurzen, letzten Absatz, der eigentlich auch nicht recht viel mehr sagt als eine geringfügige Relativierung des Engagements der Dragqueens in der Sendung.
Dabei hätte man so viel thematisieren können, über die Frage, ob sich Akteur*innen der 'Szene' tatsächlich für sowas hergeben wollen, über den - im Kontext von GNTM - fast schon perfide anmutenden Slogan "Love wins", bis hin zur Frage, ob man Sichtbarkeit und Anerkennung wirklich auf diese Weise erlangen möchte. Denn sich für so ein Format herzugeben, heißt in diesem Sinne dann auch, sich mit dem einverstanden zu erklären, für was diese Sendung steht. Man könnte das Engagement der Dragqueens auch insofern negativ lesen, als dass man ihnen vorwerfen kann, sich bereitwillig mit den Werten von GNTM zu solidarisieren und diese im Namen der LGBT*Community zu vertreten (was sicherlich nicht ganz unproblematisch wäre, um das mal vorsichtig zu formulieren).
Ich glaube jedenfalls, dass es auch andere Wege im Kampf um Sichtbarkeit und gesellschaftlicher Anerkennung gibt, als sich für ein Format wie GNTM herzugeben und zumindest - indirekt, unterschwellig - die menschenverachtend, ausbeuterischen 'Werte' dieses Formats mitzutragen.
Dragqueens*kings gehören zu unserer Gesellschaft wie die Clowns im Zirkus.
In Umfragen ist die AfD stark wie nie. CDU-Chef Merz beschuldigt die Ampel, Grüne und SPD halten dagegen.
Drag Queens beim Topmodel-Finale: Missbrauch des Regenbogens?
Weil Drag Queens beim Finale von „Germany's Next Topmodel“ aufgetreten sind, wird ihnen jetzt Pinkwashing vorgeworfen. Zu Recht?
Szene aus der Live-Show des Germany's-Next-Topmodel-Finales Foto: dpa
24 Drag Queens performen zu drei Hymnen der queeren Szene, schwenken eine riesige Regenbogenflagge, im Hintergrund flimmert in ebenso großen Buchstaben die Botschaft „Love Wins“. Die Szene war Teil der Final-Show von „Germany's Next Topmodel“, die vergangene Woche zur Primetime auf Pro7 lief und von 2,64 Millionen Menschen gesehen wurde.
Innerhalb der Drag-Szene gehen die Meinungen dazu auseinander. Das eine Lager bejubelt den Auftritt, das andere wirft den Drag-Kolleginnen vor, sich für eine „Pinkwashing“-Strategie hergegeben zu haben. Was ist damit gemeint?
Pinkwashing ist ein Kofferwort aus „Pink“ und „Whitewashing“. Letzteres heißt zum einen soviel wie Schönfärberei, zum anderen bezeichnet es aber auch die in der Filmbranche leider immer noch gängige Praxis, weißen Schauspieler*innen nicht-weiße Rollen zu geben.
Der Begriff „Pinkwashing“ tauchte erstmals Anfang der 90er Jahre auf. Er wurde gegen Kosmetikkonzerne verwendet, die eine rosa Schleife, Symbol für Engagement gegen Brustkrebs, auf ihren Produkten abbildeten, obwohl einige davon in Verdacht standen, ausgerechnet Brustkrebs auszulösen.
Brustkrebs, Israel – und jetzt Heidi Klum?
In Verbindung mit LGBTQIA* bezeichnet Pinkwashing die PR-Strategie, etwas erfolgreich vermarkten zu wollen, indem man sich mit der Szene solidarisiert. Besonders stark ist derzeit die israelische Regierung Pinkwashing-Vorwürfen ausgesetzt: Sie unterstützt die jährliche Gay Pride in Tel Aviv finanziell und brüste sich mit ihrer Homo-Freundlichkeit. Menschenrechtsverletzungen von Israels Armee in den besetzten Palästinensergebieten sollen so in den Hintergrund rücken, lautet die Kritik.
Und jetzt wird eben dieser Begriff mit Heidi Klums Castingshow in Verbindung gebracht.
Wahrscheinlich steckte wirklich eine PR-Strategie hinter dem Auftritt der Drag Queens. Das Ziel: höhere Einschaltquoten. Und ja, die Sendung ist auch wirklich immer noch ganz böse, vermittelt ein bescheuertes Frauenbild und kann Essstörungen bei (jungen) Frauen fördern. Aber vielleicht hat auch irgendjemand im Produktionsteam oder beim Sender kapiert, dass Drag Queens in die Primetime gehören, weil sie mit allem, wofür sie stehen, Teil unserer Gesellschaft sind – und weil sie außerdem die besseren Shows machen.
Vielleicht lässt der Auftritt bei Heidi Klum hoffen, dass dies nur ein Anfang war, dass auch mal stinknormale Nachrichten von Drag Queens moderiert werden oder dass Drag Queens sich bald in ihrer eigenen Sendung im deutschen Fernsehen darstellen können, wie sie es selbst wollen.
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Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Kommentar von
Juliane Fiegler
Klimahub und Autorin
Seit 2016 bei der taz, seitdem Social-Media- und Online-Redakteurin, Online-Chefin vom Dienst & Nachrichtenchefin. Heute Klimataz-Redakteurin (hauptsächlich auf Instagram) und Autorin zu queeren Themen, Feminismus, Kirche & Co.
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