Dr. Sommer für Erwachsene: Müssen wir mehr über Sex reden?
Die taz.am wochenende hat mit der Sexologin Ann-Marlene Henning gesprochen. Und Fragen der Leser mitgenommen. Ziemlich viele.
Er sei sexuell sehr aktiv, schreibt ein 27 Jahre alter taz-Leser. Bei seinem ersten Mal habe er in einer Nacht 14 Mal Sex gehabt. Und später mindestens einmal am Tag. Jetzt hat sich seine Freundin von ihm getrennt. Ist es vielleicht doch nicht normal, so oft Sex zu haben? Das würde er gerne wissen. Ihm fehle der Vergleich.
Ein Religionslehrer, 31 Jahre alt, erzählt, dass er ein Freier ist. „Ich bin tatsächlich glücklich, wenn ich nach der gemeinsamen Zeit wieder nach Hause gehe.“ Aber soll er einer Frau davon erzählen, die er gerade kennenlernt? Und wie in Gesellschaft antworten, wenn es ums Singledasein geht? Freier zu sein, schreibt er, sei ein Tabu.
Eine Studentin, 27, erzählt, dass ihr Freund nicht mehr mit ihr schlafen will. Sie fühle sich an wie eine Schwester, hat er gesagt. Jetzt schlafen sie jede Nacht im selben Bett, aber nie miteinander. Niemand spricht darüber, aber: Geht es vielleicht auch ganz ohne?
„Die Leute haben Angst“
Der eine will nie, die andere kommt nie, der Dritte will eigentlich nicht so hart. Wir haben Sex-Fragen unserer Leserinnen gesammelt und sie mit Ann-Marlene Henning diskutiert. Der neuen Chefaufklärerin der Nation. Ihre Antworten lesen Sie in der taz.am wochenende vom 15./16. November 2014. Außerdem: Wie ein deutscher Mediziner aus Langeweile den vielversprechendsten Ebola-Impfstoff fand. Und: Haben Veganer, die krank werden, versagt? Ariane Sommer macht sich Gedanken. Am Kiosk, //taz.de/%21p4350%3E%3C/a%3E:eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Theoretisch ist Sex überall. „Über Swingerclubs wird diskutiert, über Sadomasochismus, über Lack und Leder, nur über den ganz normalen Sex, den jeder lebt, spricht kaum einer“, sagt die Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning. „Das liegt an der Scham. Die Leute haben Angst, dass sie abgelehnt werden, wenn sie zugeben, dass bei ihnen etwas nicht so gut läuft.“
Die taz hat ihre Leser gefragt, was sie über Sex wissen wollen und Ann-Marlene Henning gebeten, darauf zu antworten. In der taz.am wochenende vom 15./16. November 2014 tut sie das. Das Bedürfnis schien groß. Es kam ein ganzer Haufen Anfragen.
Während die Bravo das Dr. Sommer-Team wegschrumpft, ist die Sexologin Ann-Marlene Henning gerade dabei, zu einer neuen Dr. Sommer für Erwachsene zu werden zu werden. Im Jahr 2012 veröffentlichte sie „Make love“, ein Aufklärungsbuch für Jugendliche. Darin sieht man erigierte Penisse, knutschende Mädchen mit bunten Haaren, Jugendliche, die nackt im Park liegen. Es wurde begeistert aufgenommen und war 2013 für den Deutschen Jugendbuchpreis nominiert.
Silke und Andreas – frisch in den Wechseljahren
Gerade hat Henning ihr zweites Buch veröffentlicht, „Make more love“, ein Aufklärungsbuch für Erwachsene ab 40. Und im Fernsehen moderiert sie eine Sendung, in der Paare von ihren Problemen im Bett erzählen. An diesem Sonntag, 16. November, startet im MDR die zweite Staffel.
In der ersten Folge dieser neuen Staffel geht es um Silke und Andreas, die gerade frisch zusammengekommen sind – mitten in den Wechseljahren. Sie ist unsicher, weil ihre Haare grau geworden sind, ihm tut der Sex in Silkes Lieblingsstellung weh. Gemeinsam mit Ann-Marlene Henning rudern sie über Flüsse, schreiben auf, was sie am anderen besonders attraktiv finden und schauen sich in Hennings Praxis Sexfilme auf dem iPad an. Zur Vorführung der Folge für die Presse kommen sie Hand in Hand.
Silke hat beide für die Sendung angemeldet – zuerst ohne Andreas' Wissen. Als sie ihm schließlich davon erzählt hat, war der Prozess schon fortgeschritten. Er war neugierig geworden und wollte nicht nein sagen. Aber etwas unwohl scheint er sich schon zu fühlen, dass jetzt ganz Deutschland etwas über seine Orgasmusprobleme erfährt.
„Da gibt es hohe Dunkelziffern“
„Erstaunlicherweise heißt es in den meisten Studien, dass die Deutschen mit ihrem Sexleben eher zufrieden sind“, sagt Ann-Marlene Henning. „Aber die Praxen der Sexualtherapeuten sind voll. Die Frage ist: Gibt jemand zu, dass er zehn Jahre lang keinen Sex hatte? Da gibt es hohe Dunkelziffern.“
Die Menschen reden zu wenig über Sex, sagt Henning. „Und dann glauben sie, was sie überall hören: Nämlich dass es bei allen super läuft. Wenn mir aber meine Freundin erzählt, dass sie nicht so oft Sex hat oder dass sie nur kommt, wenn sie sich selbst anfasst, dann weiß ich, dass das normal ist.“
Ist Sex ein intimer Raum, den man schützen sollte? Oder muss es normaler werden, darüber zu sprechen, auch öffentlicher, mit Freunden, Bekannten, weil alle davon profitieren können?
Diskutieren Sie mit!
Die Titelgeschichte „Leser fragen. Sexologin antwortet“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 15./16. November 2014.
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