piwik no script img

Doping mit HerzmittelEine Herzensangelegenheit

Trimetazidin heißt das Mittel, das die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa eingenommen haben soll. Was ist das für ein Zeug?

Hat sie, hat sie nicht? Die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa unter Dopingverdacht Foto: David J. Phillip/ap

Trimetazidin, das offenbar bei der erst 15-jährigen russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa entdeckte Herzmittel, wird in der Sportszene ob des komplizierten Namens gern abgekürzt: TMZ. Der Stoff wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als der chinesische Schwimmstar Sun Yang damit im Jahr 2014 auffiel und der chinesische Schwimmverband einen Eiertanz aufführte, um seinen Schnellschwimmer zu schützen.

TMZ ist schon viel länger im Umlauf, wie zum Beispiel eine Untersuchung der Kölner Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer, Mario Thevis et alii aus dem Jahr 2014 zeigt. Die Biochemiker analysierten Dopingproben, die zwischen 1999 und 2013 gesammelt worden waren.

Das durchaus verblüffende Ergebnis: Die Untersuchung „ergab eine erhebliche Prävalenz des Medikaments insbesondere im Ausdauer- und Kraftsport mit bis zu 39 Befunden pro Jahr“. Polnische Wissenschaftlerinnen um Anna Jarek und Marzena Wójtowicz stellten ebenfalls 2014 fest: „TMZ kann von Sportlern zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit insbesondere im Ausdauersport eingesetzt werden.“

„Metabolischer Modulator“

Nicht zuletzt diese Forschungsergebnisse führten dazu, dass die Welt-Antidopingagentur Wada TMZ 2014 auf die Liste verbotener Medikamente setzte. Im Januar 2015 klassifizierte die Wada Trimetazidin neu: Das „Stimulanz“ wurde zu einem „Modulator des Herzstoffwechsels“ herabgestuft. Seit diesem Jahr ist Trimetazidin als „metabolischer Modulator“ aufgeführt, der jederzeit „innerhalb und außerhalb des Wettbewerbs“ verboten ist.

Die Wada weist darüber hinaus in einem „Technical Letter“ (Nummer 13; 2018) darauf hin, dass TMZ auch fälschlicherweise als Abbauprodukt des erlaubten Migränemittels Lomerizin detektiert werden könne; es müssten weitere Untersuchungen erfolgen, um die wahre Herkunft zu ergründen.

TMZ wird normalerweise herzkranken Menschen verschrieben, Patienten, die vor allem unter Herzenge (Angina Pectoris), Tinnitus oder Schwindel leiden, keinesfalls gesunden Sportlerinnen und Sportlern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Mitteilung der EMA vom 22.06.2012:

    Empfehlung zur Anwendungsbeschränkung von Trimetazidin (in Deutschland kein Handelspräparat verfügbar): Trimetazidin soll zukünftig nur noch als Zweitlinien- und Add-on-Therapie bei Patienten mit Angina pectoris eingesetzt werden.

    www.krankenhauspha...nd-akda-12-08.html

  • Wieso wird eine Probe aus Dezember 2021 zu Grunde gelegt, die auch nur



    in minimaler Form vorlag?



    Gibt es keinerlei Proben direkt vor oder während der Olympiade?



    Wann wurden die anderen Eiskunstläufer getestet?



    Passt irgendwie zu sehr in die aktuelle politische Lage...