Doping im Radsport: Absinthbrauer und Blutmanipulateure
Der Serienmarathon rund um die Dopingkultur im Radsport will nicht enden. Jetzt hat Ex-Profi Stefan Denifl Blutdoping gestanden.
M an muss nur das Richtige essen. Viel essen muss man natürlich, wenn man als Rennfahrer die Tour de France beenden will. „Zum Frühstück schon so viel wie ich am ganzen Tag nicht“, sagt Hannah Grant. Sie ist die Teamköchin der australischen Renngruppe Oreca Scott und Protagonistin der Amazon-Serie „Eat. Race. Win“, die davon erzählt, was die Radler während der Tour de France 2017 alles gegessen haben. Grant ist eine dänische Spitzenköchin, die das Team mit dem Foodtruck begleitet und am Wegesrand Bauern, Schnapsbrenner oder Schafzüchter besucht, um das Beste vom Besten für die Rennfahrer zu besorgen.
Gleich zu Beginn tut sie einen Absinthbrauer auf und macht aus dem Gesöff eine Sauce für den gegrillten Lachs, den es am Tag vor der ersten Etappe gibt. „Essen ist immer wichtiger geworden“, sagt dazu Matthew White, der sportliche Leiter des Teams, und man mag sich gar nicht vorstellen, wie seine Fahrer wohl über die Berge kriechen würden, wenn sie den gewöhnlichen Hotelfraß zu sich nehmen müssten.
Man muss das Richtige nehmen, sonst verliert man den Anschluss. Erwischen lassen darf man sich halt nicht. Das wird dem österreichischen Radprofi Stefan Denifl durchaus klar gewesen sein, als er sich sein Blut hat auffrischen lassen. Es hat nur nicht geklappt. Denifl steht derzeit als vermeintlicher Sportbetrüger vor Gericht, nachdem sein Blutmanipulateur aufgeflogen ist.
Ohne Doping hätte er keinen Profivertrag bekommen, hat er vor Gericht gesagt und wird dafür in der Szene nicht viel mehr ernten als ein Schulterzucken. Man stelle sich vor, einer wie der smarte Herr zu Guttenberg hätte seinerzeit gesagt, er hätte ja seine Doktorarbeit nie und nimmer fertigbekommen, wenn er nicht abgeschrieben hätte. Mitgefühl hätten die wenigsten für den Plagiator aufgebracht. Denifl wird es ebenso ergehen.
„Epo nicht gefährlicher als 10 Liter Orangensaft“
In dem nicht enden wollenden Serienmarathon rund um die Dopingkultur im Radsport spielt der Sieger der Österreichrundfahrt 2017 ohnehin nur eine kleine Nebenrolle. Zu den finsteren Gestalten der Szene, die den Fans des Spektakels beinahe schon ans Herz gewachsen sind, gehört gewiss Michele Ferrari, der italienische Arzt aus Ferrara, der einst unter dem Kosenamen Dottore Epo eine angesehene Person im Peloton war.
Wer Doping deshalb für verwerflich hielt, weil die Medikamente den Sportlerkörper dauerhaft schädigen, dem hielt Ferrari einst entgegen, dass die Einnahme von Epo auch nicht gefährlicher sei, als 10 Liter Orangensaft zu trinken.
Weiter im Radsport tätig
Nun, Ferrari gehört zu den Männern, die einen Lance Armstrong zu dem gemacht haben, was er nach dem Auffliegen seiner ausufernden Dopingpraxis heute nicht mehr ist: zum siebenfachen Tour-de France-Sieger. Die US-Antidoping-Agentur hat deshalb entschieden, dass Ferrari sich lebenslang vom Radsport fernzuhalten habe. Überrascht war dann vor zwei Tagen doch niemand, als die dänische Zeitung Politiken berichtete, Ferrari arbeite mit dem dänischen Profi Jakob Fuglsang zusammen und schraube auch an den Leistungen des Kasachen Alexei Luzenko herum.
Beide fahren für das kasachische Team Astana, dessen sportlicher Leiter Alexander Winokurow, kurz bevor er wegen Fremdblutdopings überführt worden ist, zugegeben hatte, mit Ferrari zusammenzuarbeiten. Es sei dabei allerdings nur um das Verfassen von Trainingsplänen gegangen. Selbst das dürfte er heute nicht mehr. Sein Name steht auf einer Liste des Internationalen Radsportverbands, auf der Personen aufgeführt sind, mit denen Profis nicht zusammenarbeiten dürfen.
Ferrari selbst bezeichnet sich auf seinem Blog 53x12.com als unschuldig. Es ist einer seiner seltenen Einträge. Im Jahr 2016 hat er das letzte Mal über Ernährung geschrieben. Dabei geht es um ein Enzym namens AMPK, das die Sauerstoffversorgung des Bluts anregt. Durch die Zugabe von Granatapfelextrakt oder Omega-3-Fettsäuren in die Sportlernahrung werde das Enzym angeregt. Womit wir wieder beim Essen wären. Siehe oben.
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