Donald Trump in Brüssel: Terror und mehr
Beim Besuch des US-Präsidenten in Brüssel wurde mit Donald Tusk auch ein bisschen gescherzt. Es kam jedenfalls zu keinem Eklat.
Oder soll man es schon als Erfolg werten, dass er auch noch bei der EU vorbeischaute? Ex-Präsident Barack Obama hatte zwei Jahre gebraucht, bevor er sich im Brüsseler Europaviertel blicken ließ. Trump hat es schon nach sechs Monaten geschafft.
Als er am Donnerstagmorgen im nagelneuen „Europa“-Gebäude eintrifft, wird er von Ratspräsident Donald Tusk empfangen. Noch vor ein paar Wochen hatte Tusk die EU-Staaten öffentlich vor der „Gefahr“ gewarnt, die Trump für die Einheit Europas darstelle.
Nun tun die beiden Donalds so, als seien sie beste Freunde. Gemeinsam schreiten sie den endlosen roten Teppich ab, vorbei an den Fahnen der 28 EU-Staaten auf der einen und den scheinbar einträchtig vereinten USA- und EU-Flaggen auf der anderen Seite.
Dann geht es hinauf in den „Tusk-Tower“, wie das neue Ratsgebäude in Anspielung auf den Trump-Tower scherzhaft genannt wird. Die Türen schließen sich, die Presse wird ausgeschlossen. Der US-Donald hatte es so gewünscht, „unser Donald“ (Tusk) hat sich gefügt.
Ähnliche Positionen zur Ukraine
Dennoch sickern ein paar Details der Begegnung durch. Viel länger als geplant hat sie gedauert – statt 15 Minuten mehr als eine Stunde. Viel größer als angekündigt war die Runde. Sogar die Außenbeauftragte Federica Mogherini und Parlamentschef Antonio Tajani durften dabei sein.
Ein wenig gescherzt wurde auch, wenigstens am Anfang. „Herr Präsident, Sie wissen sicher schon, dass wir in der EU zwei Präsidenten haben“, sagt Tusk – offenbar in Sorge, Trump könne ihn noch einmal mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker verwechseln. „Einer zu viel“, witzelt Juncker. Ob Trump darüber lachen konnte, ist nicht überliefert.
Danach scheint es ziemlich frostig geworden zu sein. Zwar sei man sich beim Kampf gegen den Terror einig gewesen, berichtete Tusk nach dem Treffen. Doch in der Klimapolitik und beim Handel gebe es weiter Differenzen. Auch zu Russland haben Europäer und Amerikaner offenbar keinen Konsens gefunden.
„Ich bin nicht zu 100 Prozent sicher, dass wir heute sagen können, wir hätten eine gemeinsame Position zu Russland“, bedauerte Tusk. Immerhin habe er den Eindruck, dass man beim Ukraine-Konflikt ähnliche Positionen vertrete. Überzeugend klang auch das nicht.
Die EU-Kommission bemühte sich hinterher, das Treffen schön zu reden. Es seien konstruktive Gespräche gewesen, sagte eine Sprecherin der Juncker-Behörde. Die USA und die EU wollten sogar einen gemeinsamen Aktionsplan zum Thema Handel entwickeln.
Doch der Haupterfolg besteht wohl darin, dass es keinen Eklat gegeben hat. Aus dem Europaviertel in Brüssel kommen keine Bilder von ausgestreckten Händen, die ins Leere greifen, und keine Misstöne, wie es sie in Washington ständig gibt. Nicht einmal Demonstranten haben die Inszenierung gestört.
Spezielle Begegnung statt Gipfel
Sie hatten Trump schon am Vortag auf ihre Art begrüßt – mit „Not welcome“-Rufen und Plakaten, auf denen „Brüssel is no hellhole, Trump is an asshole“ stand. Doch der US-Präsident wird von all dem nichts mitbekommen haben, denn zu der Zeit hatte er einen prunkvollen Empfang beim belgischen König.
Auch am Donnerstag soll alles harmonisch weitergehen. Zunächst empfängt Trump den neuen französischen Superstar Emmanuel Macron in der amerikanischen Botschaft – Glamour ist garantiert. Danach geht es raus an den Stadtrand von Brüssel – in das nagelneue, 1,1 Milliarden Euro teure Hauptquartier der Nato.
Auch dort wird Trump der rote Teppich ausgerollt – zu einem Treffen, das nicht „Nato-Gipfel“ heißen darf, weil der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan das nächste Gipfeltreffen für sein Land reklamiert. Also wurde die Runde zu einer „speziellen Begegnung“ umdeklariert.
Speziell ging es schon im Vorfeld zu: In einer Art vorauseilenden Gehorsams hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hinausposaunt, dass die Allianz der Koalition gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ beitritt.
Trump wird es freuen. Denn das hat er schon seit Wochen gefordert. Der offizielle Beschluss soll allerdings erst am Abend fallen – in Anwesenheit des US-Präsidenten. Ob die Nato damit in neue, endlose Kriege wie in Afghanistan verwickelt wird, werden wir allerdings erst in ein paar Jahren wissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!