Doku über Cybermobbing: Ein „Spiel“ mit Opfern
Wie funktioniert die digitale Jagd? Eine Doku zeigt Strategien von Cybermobbern und wie ihre Opfer gegen sie ankämpfen.
Für die Trolle ist es ein Spiel, sie hacken sich in Bankkonten, drohen mit Gewalt und treiben ihre Opfer in den Wahnsinn. Im Fokus der WDR-Dokumentation „Das Cybermobbing-Kartell“ steht die Gruppe „NWO“ und eines ihrer Opfer, die Influencerin Aline Bachmann. „NWO“ steht für „Neue Weltordnung“ und „Nie wieder online“. Letzteres ein Zustand, den man sich nach der Doku selbst herbeiwünscht.
„Warum dürfen die das? Warum?“, ruft Bachmann auf Tiktok in die Kamera, das Gesicht verzerrt, die Augen vom Weinen gerötet. Der Filmemacher und Journalist Christoph Kürbel zeigt an ihrem Beispiel, wie gefährlich und perfide Cybermobbing sein kann. Bachmann leidet unter der Verfolgung und den Angriffen.
Sie habe begonnen, Schmerzmittel einzunehmen, erzählt sie. „Ich hatte Angst vor mir selbst.“ Auch Bachmanns Mutter gerät in den Fokus der Gruppe. Die „NWO“ lässt einen Sarg an ihre Haustür liefern.
Für die Optik der kurzweiligen 45-Minuten-Doku haben sich die Macher ein fiktives Computerspiel namens „Mobbinggames“ ausgedacht. Die Mobber sind als Spielcharaktere zu sehen, sie tragen dunkle Masken oder Sonnenbrillen, Westen und Mäntel. ie sind keine klischeehaften Hacker, denen dunkle Kapuzen über das Gesicht fallen, sondern sehen sich als Spieler in einem perfiden Game namens Selbstjustiz.
Bis zum letzten Level
Und dann gibt es auch noch einen Whistleblower, der sich selbst als Pressesprecher der „NWO“ ausgibt. Er erklärt die verschiedenen Level des Games: Die Mobber müssen Menschen zu Bachmann schicken, die Drogen kaufen wollen. Drohen, ihr Pferd zu vergiften. Irgendwann fangen sie ihre Post ab und fälschen eine Bombendrohung, die Bachmann und ihr Lebensgefährte angeblich verfasst haben.
Auch Parallelen zu dem Videostreamer Drachenlord, der seit mehr als zehn Jahren von Trollen gestalkt wird, werden ersichtlich. Egal wie viel man schon vorher über die Cybermobbing-Szene in Deutschland weiß, die Recherche ruft dringlich in Erinnerung, was unter dem Radar der Strafverfolgenden im Internet passiert. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Cybermobbing ist für die Täter ein Spiel, das ihre Opfer nie gewinnen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Türkei und Israel nach Assad-Sturz
Begehrlichkeiten von Norden und Süden
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“