Diskussion um Parken in Bremen: SPD rettet Brötchentaste

Bremen führt das kostenlose Kurzzeitparken wieder ein. Der Verkehrsclub Deutschland fordert stattdessen ein Brötchenticket für den Nahverkehr.

Ein Fimger drückt an einem Automaten eine Taste, daneben steht: Brötchentaste, kostenloses Kurzzeitparken

In Hannover ist sie gerade weg, in Bremen kann man die Kurzzeitpark-Taste bald wieder drücken Foto: Foto: Marcus Brandt/dpa

In Hannover hat die rot-grüne Ratsmehrheit sie gerade abgeschafft, in Bremen soll sie auf Wunsch der SPD wieder angeschafft werden: Die sogenannte Brötchentaste auf Parkautomaten, die das kostenlose Parken für eine kurze Zeit ermöglicht. In Hannover war diese Zeit auf zehn Minuten begrenzt, in Bremen hatten Au­to­fah­re­r:in­nen bis zu 20 Minuten Zeit für Erledigungen.

Es gibt noch weitere Unterschiede: In Hannover standen die Automaten mit Brötchentaste ausschließlich in der Innenstadt: Insgesamt 285, die jetzt wieder umgerüstet werden. In Bremen hingegen verteilten sich die 78 Automaten – von insgesamt 321 – über das ganze Stadtgebiet, wie Radio Bremen herausgefunden hat. Nur sieben von ihnen standen in der Bremer Innenstadt. Aber wo genau? Das scheint Erfahrungswissen zu sein, eine öffentlich zugängliche Liste findet sich nicht im Netz.

Dennoch schlugen die Wellen hoch, als mitten im Bremer Wahlkampf herauskam, dass das grün geführte Verkehrsressort die Taste mal eben zum 1. April einkassiert hatte. „Verbotspartei“, „eine Zumutung“, vor allem für Ältere, schäumten viele Internetnutzer. Die Opposition aus FDP und CDU erkannte in der Aktion den Sargnagel für die Geschäfte in der Innenstadt. Es gibt nicht wenige, die die Brötchentaste für das schlechte Abschneiden der Bremer Grünen bei der Bürgerschaftswahl im Mai verantwortlich machen. Wobei sie dabei wohl eher einen symbolischen Charakter hatte und der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Keine inhaltliche Begründung

Dafür spricht auch, dass die Parkgebühren alles andere als horrend sind, wenn man davon ausgeht, dass niemand täglich aus privaten Gründen für kurze Erledigungen mit dem Auto unterwegs ist. So kostet das Parken in der Bremer Innenstadt in den ersten 20 Minuten einen Euro Gebühren, im übrigen Stadtgebiet 50 Cent pro 15 Minuten. Aber gut, man muss auch erst mal den Weg vom Auto zum Parkscheinautomaten und von dort ins Geschäft schaffen.

„Dadurch erleichtern wir besonders älteren Menschen den nahen Kurzeinkauf, zum Beispiel in Bäckereien oder Apotheken“, begründete das Präsidium der FDP unter Vorsitz von Christian Lindner im Mai – eine Woche vor der Bremer Wahl – seinen Beschluss, Kommunen zur Brötchentaste zu verpflichten. „Damit sichern wir die soziale Teilhabe und steigern zugleich die Attraktivität der Innenstädte“, heißt es darin.

Auch der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte kann sich für derartige Argumente erwärmen, denn er hatte im Wahlkampf beschwichtigend seine Hand über die Brötchentaste gelegt. Es sei klar, „dass wir nach der Wahl darüber reden müssen, diese Entscheidung rückgängig zu machen“, hatte er im Frühjahr gesagt. Seine SPD hatte die Bremer Wahl klar gewonnen. Am Freitag meldeten Bremer Medien, diese Ankündigung mache er nun wahr, die Taste kehre zurück.

Nur warum – das bleibt unklar. Immerhin kostet das Zurückrüsten der Automaten auch etwas Geld, zum einen wegen der Re-Installation, zum anderen wegen der Gebühren, die die Stadt an diesen Stellen nicht einnimmt. Bovenschultes Sprecher Christian Dohle schreibt der taz: „Die Koalition hat sich nach der Wahl darauf verständigt, die Brötchentaste an einigen Parkscheinautomaten wieder einzuführen.“ Und: Das Mobilitätsressort arbeite an der technischen Umsetzung und kläre, welche Parkscheinautomaten eine Brötchentaste bekämen. Eine inhaltliche Begründung kann er nicht liefern. Etwa Belege dafür, dass das Kurzzeitparken einen positiven Effekt auf die Innenstadtentwicklung hat oder die Teilhabe älterer oder Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben erleichtere.

Kostenloser Nahverkehr statt kostenlosem Parken

Gestartet war die Brötchentaste in Bremen 2004 als Modellvorhaben, in ursprünglich vier Straßenzügen. Der damalige CDU-Bausenator Jens Eckhoff hatte gesagt, er erhoffe sich „eine Stärkung der Geschäftslagen in den Nebenzentren“. Nur: Eine Auswertung scheint es nie gegeben zu haben, dennoch wurde die Maßnahme ausgeweitet.

Argumente gibt es eher für eine Abschaffung. In Hannover sind es die Kosten: 100.000 Euro Mehreinnahmen erwartet die Stadt für das Jahr 2024. In Bremen wird die Summe geringer sein, weil es weniger Automaten gab und in Hannover das Parken etwas teurer ist: 1,30 Euro pro halbe Stunde. Abgesehen von den finanziellen Nachteilen sei es angesichts des Klimawandels schwer zu vermitteln, warum der Autoverkehr in Städten gefördert werden solle, sagt Lars Kelich, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Hannover, der taz. Nach Angaben des Bundesumweltamts wird das Auto in 40 Prozent der Fälle für Strecken genutzt, die kürzer sind als fünf Kilometer.

Einen Vorschlag, der mehr wäre als Bovenschultes Symbolpolitik und tatsächlich ältere Menschen ohne Geld für Parkscheinautomaten entlasten würde, machte am Montag der Verkehrsclub Deutschland in Bremen. Er forderte ein kostenloses „Brötchenticket“ für den öffentlichen Personennahverkehr – also kostenfreie Kurzstrecken und Hin- und Rückfahrten innerhalb von 20 Minuten. Man halte es insbesondere aus ökologischen Gründen nicht für zeitgemäß, Menschen, die zum Brötchenkaufen das Auto nutzen, „finanziell zu entlasten und bei der Nutzung öffentlichen Parkraums zu privilegieren“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Weitere positive Effekte sind die höhere Verkehrssicherheit, und eine geringere Lärmbelastung.“

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