Endlich wieder Open-Air: Fast-Sommer ohne Parkplatz

In der Provinz muss man mit dem Blick auf den Parkplatz trinken. In der Stadt hat der Frühsommer eine vergängliche Leichtigkeit.

Zahlreiche Menschen drängen sich in einem Straßencafé.

Endlich wieder raus! Schnell! Bevor alles wieder nervig und stinkig und schwitzig wird Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Wenn man in der Provinz oder auch nur der Peripherie der Stadt unterwegs ist, ist einer der größten Nachteile ja, dass man kaum noch irgendwo einkehren kann, ohne auf einen Parkplatz zu glotzen. Ernsthaft, versuchen Sie das mal, irgendwo mit dem Fahrrad unterwegs zu sein und Google Maps konsultieren, wenn Sie jetzt gern einen Kaffee oder ein Bier hätten.

Sie sind alle schon lange verschwunden, die urigen Dorfgasthäuser, eigenwillig zusammen gezimmerten Biergärten oder „Draußen-nur-Kännchen“-Cafés. Alles was sich auf Anhieb finden lässt, sind Imbisse, Bistros und diese Cafésimulationen großer Bäckereiketten, die einfach ein paar Holzbohlen auf den Supermarktparkplatz gelegt haben.

Was dem Städter seine Brötchentaste, ist dem Landvolk sein Parkplatz. Alles klebt am örtlichen „Einkaufszentrum“, so wie der Straßenstrich an Hannovers Zentrum – ökonomisch verständlich, genusstechnisch eine Zumutung.

In der Stadt hingegen haben mit diesen Frühsommertagen eigentlich die besten Zeiten gewonnen. Die Wirte haben längst alles nach draußen geräumt, was geht, sich mit den Feinheiten der Sondernutzungssatzung auseinander gesetzt und hinreichend über die damit verbundenen Gebührenbescheide der Stadt geärgert.

Selbst in Hannover stellt sich Metropolen-Feeling ein

Jeder, der kann, sitzt jetzt draußen, in geöffneten Schaufenstern, auf Gehsteigen, Terrassen und in Innenhöfen und guckt im besten Fall dem Trubel zu. Selbst in Hannover stellt sich so etwas wie Metropolenfeeling ein, weil man im Vorbeischlendern 16 verschiedene Sprachen hören kann.

Wenn man Glück hat, gibt es sogar was zu gucken – nicht nur, weil gerade CSD war. Auch sonst gibt es auf einmal Leute, die so etwas wie einen eigenen Stil haben und Wert darauf legen, ihn außen zu tragen. Die sind bestimmt nicht von hier. Der gemeine Niedersachse bekleidet sich ja vor allem, um nicht unangenehm aufzufallen und kommt sich schon verwegen vor, wenn er jetzt endlich das Innenfutter aus der Outdoorjacke knöpft.

Wir sind jedenfalls jetzt noch in der Phase, in der das Freude macht, in der man nach dem langen Winter und verregneten Frühjahr das Gefühl hat, man könnte ganz gut mal unter Leuten sein und Sonne im Gesicht haben und alberne Cocktails in der Hand. Also in dieser Phase, bevor wieder alles nervig und stinkig und schwitzig wird und man das Gefühl bekommt, man müsste dringend mal wieder weg.

Die Stadt vibriert vor Veranstaltungen, alles scheint auf diese paar schönen Tage rund um Pfingsten gesetzt zu haben, man weiß gar nicht, wohin mit sich und läuft Gefahr, am Ende doch auf dem Balkon sitzen zu bleiben und noch eine Flasche Wein aufzumachen. Wenigstens guckt man hier nicht auf einen Parkplatz.

Dafür lauert hier aber natürlich der Blick auf ungeputzte Fenster und nicht zu Ende geführte Pflanzaktionen. Also doch lieber raus, irgendwohin. Hauptsache treiben lassen. Dabei lässt sich auch viel besser meditieren über die Harald-Juhnke-Definition eines perfekten Nachmittags: „Keine Termine und leicht einen sitzen.“

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Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020

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