Diskussion über Sprache in der Politik: Verrohung der politischen Kultur
Claudia Roth wirft Horst Seehofer eine „sprachliche Verrohung“ vor. Markus Söder will nicht mehr von „Asyltourismus“ sprechen.
„Die sprachliche und politische Verrohung, die Horst Seehofer und seine CSU seit Wochen und Monaten befeuern, ist Gift für Deutschland und Europa“, sagte Roth. Seehofer habe mit seiner „offenkundigen Freude“ darüber, dass 69 Menschen an seinem 69. Geburtstag nach Afghanistan abgeschoben wurden, endgültig bewiesen, „dass ihm die Fähigkeit oder der Wille abgehen, das Amt des Innenministers mit Anstand und Würde auszufüllen“.
Obwohl in diesem Jahr schon 1400 Menschen im Mittelmeer ertrunken seien, treibe die CSU „die Kriminalisierung ziviler Seenotretter mit voran“. Die Partei mache damit Hass auf Geflüchtete, Häme gegenüber Helferinnen und Helfern und Verächtlichmachung von Mitgefühl salonfähig. „Das ist nicht nur beschämend, sondern brandgefährlich“, sagte Roth.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass sich einer von 69 afghanischen Asylbewerbern des jüngsten Abschiebeflugs aus Deutschland in der afghanischen Hauptstadt Kabul das Leben genommen hat. Einen Tag zuvor hatte Seehofer gesagt: „Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 – das war von mir nicht so bestellt – Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war.“
Hinweis: Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem. Sie können sich rund um die Uhr an die Telefonseelsorge wenden (kostenlose Nummern 08 00/111 0 111 oder 08 00/111 0 222) oder www.telefonseelsorge.de besuchen.
Drohung einer Klage
Laut einem Sprecher der Hamburger Ausländerbehörde war der Abgeschobene rechtskräftig wegen Diebstahls, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden.
Eine Debatte über Sprache wurde in den vergangenen Wochen auch über den Begriff „Asyltourismus“ geführt. Dieser wurde von mehreren CSU-Politikern im Asylstreit zwischen CDU und CSU prominent verwendet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will den umstrittenen Begriff jetzt nicht mehr verwenden. „Für mich persönlich gilt: Ich werde das Wort Asyltourismus nicht wieder verwenden, wenn es jemanden verletzt“, sagte der CSU-Politiker am späten Mittwochabend im bayerischen Landtag.
Diese Entscheidung sei unabhängig von seiner persönlichen Wertung, wichtiger sei aber, dass Wortdebatten sinnvolle Sachfragen nicht verhindern dürften.
Über die Wortwahl Söders war in den vergangenen Tagen sehr viel diskutiert worden. Die SPD im bayerischen Landtag hatte Söder wegen der Wortwahl sogar mit einer Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gedroht, sollte die Staatsregierung nicht bis zum 15. Juli eine im Parlament erbetene Begriffsdefinition vorlegen.
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