Diplomatie zwischen USA und Ukraine: Rückendeckung für Selenski
Bei einem Besuch in der Ukraine sagt Außenminister Blinken Kiew Unterstützung in Sicherheitsfragen zu. Kiew fühlt sich von Russland bedroht.
Im Mittelpunkt der Gespräche standen Sicherheitsfragen. Lediglich Julia Timoschenko, Vorsitzende der Vaterlandspartei, sprach ein soziales Thema an. Die USA sollten die Ukraine beim Erwerb von Corona-Impfstoff der Firma Pfizer unterstützen, bat sie den Gast bei einem Treffen. Die Ukraine sei beim Impfen gegen das Coronavirus sehr ins Hintertreffen geraten.
Bei dem Treffen mit Selenski habe die US-Delegation versichert, den Aktionsplan einer ukrainischen Nato-Mitgliedschaft zu unterstützen, berichtete der Chef der ukrainischen Präsidialadministration, Andrej Ermak gegenüber Interfax-Ukraina.
Ebenfalls zur Sprache sei die Lage in der Region von Schwarzen und Asowschen Meer gekommen, zitiert die Nowoje Wremja den ukrainischen Präsidenten. Mit seiner bis Ende Oktober geplanten Sperrung der Meerenge von Kertsch hat Russland die ukrainischen Häfen im Asowschen Meer von der Außenwelt abgeschnitten.
Mit Washington einig
Präsident Selenski dankte Blinken für die Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung der USA hinsichtlich Nord Stream 2. Während sich die europäischen Positionen nicht immer mit der ukrainischen deckten, so Selenski, sei man sich in dieser Frage mit den USA einig.
Einen direkten Zusammenhang zwischen North Stream 2 und der Blockade des Asowschen Meeres sieht der Politologe Viktor Kaspruk. Russland wolle die Ukraine wirtschaftlich in die Knie zwingen, sagte Kaspruk dem ukrainischen Portal Obosrewatel“. Tatsächlich nehme man der Ukraine die Möglichkeit, Metall und Getreide über die Häfen im Asowschen Meer zu exportieren.
Da Russland offensichtlich bei einer Fertigstellung von North Stream 2 eine Beendigung des Gastransits durch die Ukraine plane, stünden der ukrainischen Wirtschaft harte Zeiten bevor. Kaspruk fürchtet, dass Russland nach der Lahmlegung ukrainischer Häfen im Asowschen Meer auch weitere ukrainische Häfen im Schwarzen Meer blockieren werde.
Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass der von Russland angekündigte Abzug seiner Truppen an der Grenze zur Ukraine nur in Teilen erfolgt ist. Nach wie vor stünden 80.000 russische Soldaten unweit der Grenze zur Ukraine, berichtete die New York Times am Mittwoch. Russland habe nur 3.500 Soldaten von der Grenze zur Ukraine abgezogen, sagte Präsident Selenski bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem US-Außenminister. Blinken bestätigte dies.
Der Besuch der US-Delegation machte erneut deutlich, wie wichtig Kiew eine Einbindung in westliche Sicherheitsstrukturen ist. Am 3. Mai waren die Präsidenten der Ukraine, Polens und der baltischen Staaten in Warschau zusammengetroffen, um sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegenüber Russland zu verständigen. Eine Einladung an Selenski zum Nato-Gipfel am 14. Juni in Brüssel, bei dem auch über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine gesprochen werden soll, steht noch aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn