Dimmen für den Frieden: Putin ist keine helle Leuchte
Um Gas zu sparen, wollen die Berliner Grünen die Straßenlaternen abdunkeln. Blöd nur, dass da auch noch die Gaslaternenversteher sind.
Putin ist keine besonders helle Leuchte. Putin, das könnte zum Beispiel der neue Name für eine Berliner Gaslaterne sein. Sie könnte dann neben Laternen mit so klangvollen Namen wie „Wiener Mast“ oder „Camberwell-Laterne“ im Gaslaternen-Freiluftmuseum im Tiergarten stehen. Nennen wir sie einfach mal „Putins OP-Leuchte“.
Denn, das muss man nach diesem Einstieg wissen: Putin soll nach dem Willen der Grünen abgedimmt werden. Die Idee dazu kommt von Bene Lux, einem grünen Abgeordneten, dessen Nachname zeigt, dass er sich aufs Leuchten versteht.
Also dreht Bene Lux am Regler der Putin-Leuchte im Spezial-OP-Saal namens Ukraine. „Kurzfristig kann ein Teil der Laternen kürzer und mit weniger Leuchtkraft betrieben werden“, sagte Lux der Berliner Morgenpost. „Wenn wir sehr gut sind, können wir ein Viertel bis die Hälfte des Gasverbrauchs so einsparen.“
Den Krieg ausdunkeln
Dimmen für den Frieden also. Frieden schaffen mit immer weniger Lampen. Den Krieg in der Ukraine ausdunkeln oder, damit es auch die Russen verstehen, Putins Leuchte über dem Spezial-Operationstisch in den Dämmerzustand versetzen. Und das alles an Ostern, dem Fest der Wiederauferstehung. Wer zündet darauf nicht gerne eine Kerze an?
Aber was ist mit der Zeitenwende? Müssten die Laternen an den Berliner Straßen nicht eher abgeschaltet werden als nur gedimmt? Natürlich, meint Bene Lux. Mittelfristig müsste Berlin den Umstieg auf elektrische Laternen beschleunigen, fordert er.
Nun ist „mittelfristig“ ein sehr dehnbarer Begriff. Schon 2012 wollte der Berliner Senat die damals 44.000 Gaslaternen auf LED umstellen. Irgendwie auch mittelfristig, nämlich bis 2020. Hat aber nicht geklappt. Noch immer sind heute 24.000 Putinleuchten in Betrieb.
Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass es in Berlin recht aktive Putinleuchtenversteher gibt. Organisiert sind sie nicht nur in de Ostermarschparteien SPD und Linke, sondern im Verein Gaslicht-Kultur. „Verglichen mit dem Aufwand wäre das Einsparpotenzial verschwindend gering“, verriet dessen Sprecher Bertold Kujath der Morgenpost. Der grüne Vorschlag zeige, wie wenig Verständnis über Gaslaternentechnik in der Politik vorhanden sei. Die Ukraine benötige anderes als einen weiteren Kulturstreit um die Gasbeleuchtung.
Sponsered by Газпром?
Klingt das jetzt schon wie die Lobbyarbeit der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ der Schweriner Kremlleuchte? Gazlicht-Kultur sponsered by Газпром?
Eher zeigt der Vorschlag, dass nicht nur das Kulturerbe Gaslaterne in Gefahr ist, sondern auch unser aller Sicherheit. Zwar könne Berlin mit der Abdimmung der „Putin-OP-Leuchte“ zwei Millionen Euro im Jahr sparen, rechnet Bene Lux vor. Dann aber sei die nächtliche Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet, heißt es aus der Verkehrsverwaltung. Selbst die Grünen sind sich nicht grün.
Wieder einmal zögert Deutschland. Ex oriente lux. Und an die Ukraine werden Nachtsichtgeräte geliefert, die keiner braucht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen