Diese-Genossenschaft und Vorkaufsrecht: Kommunisten auf Shoppingtour
Die „Diese eG“ kauft Häuser über das Vorkaufsrecht, um sie vor Spekulanten zu schützen. Jetzt muss sie sich gegen Anschuldigen verteidigen.
So jedenfalls hyperventiliert es der von oben klassenkämpfende Tagesspiegel in seiner Story „Der Stadtrat, die Senatorin und der Stasi-Offizier“. Die SPD war verwirrt und mahnte Aufklärungsbedarf an, die FDP träumte schon von Rücktritten und einem U-Ausschuss.
Nun zu den Fakten: Immer häufiger greifen Bezirke in private Hausverkäufe in Milieuschutzgebieten ein und üben das Vorkaufsrecht aus, 28 Mal allein Friedrichshain-Kreuzberg. Doch die überhöhten Preise schreckten zuletzt immer öfter Wohnungsbaugesellschaften vor dem Einstieg in die Verträge ab. Um dem Ausverkauf an Spekulanten nicht tatenlos zuzusehen, hat sich die Genossenschaft Diese eG gegründet und widmete eine inaktive Genossenschaft um, deren früherer Zweck die Sanierung des Stadtbades Lichtenberg war und deren damaliger Vorsitzender hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter war. An der Neuausrichtung der Genossenschaft war er nicht beteiligt.
„Wir sind für die Häuser da, die sonst keiner rettet“, sagt Elena Poeschl, Vorstandsmitglied der Diese eG, der taz. Seit Mai hat Xhain in fünf Fällen sein Vorkaufsrecht für die Diese eG ausgeübt, zuletzt für die Holteistraße 19/19a; insgesamt für 103 Wohnungen. Am Montag kam noch ein Haus am Heckmannufer 8 hinzu sowie ein erster Fall in Schöneberg: Dort übt der Bezirk das Vorkaufsrecht für die Diese eG für den Häuserkomplex Gleditschstraße 39–43 aus. Sieben Häuser für, so sagt es der Genossenschaftschef Werner Landwehr der taz, insgesamt 49 Millionen Euro.
Die Frage der Finanzierung
Dabei, so ein weiterer Vorwurf, habe die Genossenschaft gar kein Geld für diese Investitionen. Richtig ist: Den Zuschlag für den Kauf der Häuser erhielt die Genossenschaft nicht auf Grundlage konkreter Finanzierungszusagen, sondern ihrer Pläne. Das Xhainer Bezirksamt stufte diese als „plausibel“ ein.
Bezirksstadtrat Florian Schmidt
Mindestens zehn Prozent der jeweiligen Kaufsumme sollen die Mieter selbst stemmen, in dem sie für 500 Euro pro Quadratmeter ihrer Wohnfläche Genossenschaftsanteile erwerben. „Für Mieter aller Einkommensgruppen gibt es dafür Finanzierungsmodelle“, sagt Poeschl. In allen Häusern haben sich mindestens 70 Prozent der Mieter freiwillig dazu verpflichtet.
Zudem rechnete die Genossenschaft von Anfang an mit einem zehnprozentigen Zuschuss zum Kaufpreis durch das Land Berlin – analog zu den Hilfen, die auch die Wohnungsbaugesellschaften erhalten. Ein entsprechender Senatsbeschluss wurde am vergangenen Mittwoch durch den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses bestätigt.
Der Löwenanteil von 75 Prozent des Geldes soll über Darlehen der öffentlichen Investitionsbank Berlin und der GLS-Bank finanziert werden. „Das ist alles auf Kante genäht“, sagt Landwehr unumwunden. Dies müsse auch so sein, um die Mieten trotz der Spekulationspreise stabil halten zu können.
Vorwürfe eines Verkäufers, er warte vergeblich auf sein Geld, erklärt Landwehr mit einem Unverständnis der Rechtslage: Erst mit der notariellen Beurkundung des Kaufs durch die Diese eG würden die Fristen für die Ratenzahlung festgeschrieben. Inzwischen seien für die ersten beiden Häuser zusammen 300.000 Euro überwiesen worden. Der Kauf des dritten Hauses in der Forster Straße wurde am Montag bestätigt.
Gegen die kampagnenartige Berichterstattung haben die Mieter der fünf Häuser in einem offenen Brief und mit einer Twitter-Kampagne Stellung bezogen. Florian Schmidt ging auf die Gegner seiner Rekommunalisierungsbestrebungen ein: „Denn Sie haben allen Grund, um ihre Pfründen zu fürchten. Wir nehmen ihnen ihre geliebten Renditespielzeuge weg.“
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