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Diebstahlschutz bei FahrrädernDie Wette mit dem Fahrradschloss

Wer das Fahrrad sicher abschließen will, steht im Laden vor einer riesigen Auswahl. Aber brauchen wir echt das Bluetooth-Schloss mit Alarm?

Ist das Prinzip Fahrradschloss zu Ende entwickelt oder brauchen wir auch einen Bluetooth Anschluss an den Zylinder Foto: Michael Gstettenbauer/imago

A ls ich mein erstes Fahrradschloss bekam – zeitgleich mit einer Freundin –, gingen unsere Eltern eine vermutlich nicht ganz ernst gemeinte Wette ein. Welches würde sich als bessere Investition erweisen: mein Zahlenschloss oder ihres mit Schlüssel?

Wer heute eine Fahrradschloss-Wette eingehen will, muss schon etwas komplexer denken: Neben der Auswahlqual zwischen Bügel-, Ketten- und Faltschlössern, zwischen Spiral-, Panzer- und einfachen Kabelschlössern und der Frage, ob mit Textilummantelung oder ohne, hat sich auch die Palette an Schließmechanismen ausdifferenziert: Darf es eine Öffnung via Bluetooth sein? Oder lieber mittels Fingerabdruck? Und mit Alarmfunktion oder ohne?

Die Frage, die im Fahrradladen aufkommt, lautet damit: Welcher Schusseligkeitstyp bin ich? Werde ich am wahrscheinlichsten meinen Schlüssel verlieren? Den Code vergessen? Nicht dran denken, das Handy zu laden? Einen Finger verliert man zum Glück eher selten, aber wenn es schlecht läuft, einen Fingerabdruck: dann nämlich, wenn der Schlosshersteller oder dessen IT-Dienstleister es mit der Sicherheit nicht so genau nimmt.

Aber wahrscheinlich sind das ohnehin nur Brückentechnologien, genau wie Passwörter. Die sollten eigentlich auch seit mindestens 10 Jahren bereits der Vergangenheit angehören. Ersetzt durch biometrische Merkmale wie Fingerabdrücke, Iris-Scans oder – deutlich besser in Sachen Datenschutz – kleine Sticks, die Einmal-Passwörter erzeugen. Wirklich durchgesetzt hat sich das alles nicht. Nut­ze­r:in­nen überlegen weiterhin, ob sie 1234567 nehmen sollen – oder ob ihnen vielleicht doch noch etwas Sichereres einfällt.

Was also könnte nach Fingerabdruck-Schlössern kommen im Rennen der Hersteller darum, immer weniger knackbare und trotzdem bequem öffenbare Schlösser zu entwickeln? In den Körper implantierte Chips, anhand derer das Schloss schon aus kleiner Distanz erkennt, dass sich die rechtmäßige Besitzerin nähert und dann von selbst aufspringt? Ein Atemtest wie beim Röhrchenpusten, der durch irgendwelche Bestandteile erkennt, ob hier Dieb oder Eigentümer das Schloss öffnen will? Eine Art Telepathie-Funktion, unhackbar natürlich?

Noch besser wäre natürlich eine Lösung, die Hochsicherheitsschlösser obsolet macht: die Diebstahlaufklärungsquote deutlich erhöhen. Dann wäre die Frage, ob Schlüssel, Code oder Bluetooth, endlich nur noch eine des Geschmacks.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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3 Kommentare

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  • In der Kolumne fehlt noch der Hinweis, dass viele Schlösser mit einem sogenannten "Polenschlüssel" geknackt werden. Ja, dieser Pseudoschlüssel wird umgangssprachlich so genannt. Mit dem "Lock-Picking" Verfahren wird das Schloss innerhalb weniger Sekunden gewaltfrei und unauffällig geöffnet. Man hat danach also ein komplettes Fahrrad samt voll funktionsfähigem Schloss in der Hand.

    ps: Teurer heißt bei Schlössern nicht unbedingt aufbruchsicherer. >Lock-Picking sicher< ist hierbei die wichtige Info.

  • fahrräder stehlen ist einfach zu einfach, und wohl auch lukrativ. wo bleiben in städten die bike stations, fahrradhäuser, oder in wohnvierteln kleine abschließbare fahrradschuppen? gibt es nur in den herkömmlihcen vorzeige alternativquartieren. wieso erkennt die politik hier keine notwendigkeit? für das auto wurden ganze gesetze geschaffen, pro m2 verkaufsfläche muss soundsoviel parkraum FÜR PKWs mit gebaut werden. das ist offene diskrminierung von radfahrenden durch die kommunalen verwaltungen. es fällt nur keinem auf, oder weil es eben bis jetzt noch kein straftatbestand ist.

    • @the real günni:

      Fahrräder kann man auch in videoüberwachten Fahrradparkhäusern relativ einfach klauen. Die Hemmschwelle ist vielleicht etwas höher.



      Wenn Kommunen Fahrradparkhäuser bauen, dann gibt es noch längst keine Pflicht die zu nutzen. Ganz im Gegenteil, das würde dem Nutzungsgefühl der meisten Radfahrenden zu wieder laufen. Radfahrende parken sicher nicht irgendwo, um 100m zum Bäcker zu laufen. Die Boxen für Übernachtparken sind alle spätestens nach 2 Jahren völlig verratzt. Da nimmt man es doch lieber mit in den Keller.

      Aber schön, das im Artikel mehr Aufklärungsquote, sprich mehr Polizei, gefordert wird. Sind die vielleicht doch nicht alle schlecht?