Die umstrittene Olympiabewerbung Berlins: Spranger grätscht Opposition ab
Die SPD-Sportsenatorin entschuldigt sich im Abgeordnetenhaus für verspätete Informationen. Sie hält aber Grünen und Linken eine Blockadehaltung vor.
taz | Gegner und Befürworter einer Berliner Olympiabewerbung haben sich am Donnerstag im Abgeordnetenhaus einen – um im sportlichen Kontext zu bleiben – harten Schlagabtausch geliefert. Besonders in die Offensive ging dabei Iris Spranger (SPD), als Innensenatorin auch für den Sport zuständig. Sie warf Grünen und Linkspartei „destruktives Verhalten“ und „Fundamentalopposition“ vor. Die lehnen eine Bewerbung unter anderem angesichts vieler auf Sanierung wartende Berliner Sportstätten ab. Die beiden Oppositionsfraktionen versuchten in der Parlamentssitzung, Spranger wegen verspäteter Information des Sportausschusses missbilligen zu lassen, erhielten jedoch nur von der AfD-Fraktion Unterstützung.
Ihren Antrag auf Missbilligung, eine Art parlamentarische Ohrfeige für ein Regierungsmitglied, hatten Grüne und Linkspartei damit begründet, dass Sprangers Sportverwaltung erst mit eineinhalb Werktagen Verspätung über die tatsächlichen Oympiabewerbungskosten informierte. Die Senatorin habe damit das Königsrecht des Parlaments beschnitten, die fristgemäße Haushaltsbefassung.
Für die Verspätung entschuldige sie sich, sagte Spranger und verwies auf mehrere derartige zeitaufwendige Aufträge aus dem Ausschuss. Sie widersprach dem Vorwurf der Linksfraktion, dass die 6 Millionen Euro Bewerbungskosten im Haushalt zu Lasten anderer Sportprojekte gehen würden. Zwar bekommt Spranger dieses Geld nicht zusätzlich in ihren Etat, sondern muss es dort zusammensuchen lassen – als eine der in den vorigen Haushaltsberatungen berüchtigt gewordenen PMA, einer Pauschalen Minderausgabe.
Die Senatorin setzt jedoch darauf, nichts streichen zu müssen, sondern die 6 Millionen am Jahresende aus nicht ausgegebenen Geldern im rund 4 Milliarden Euro schweren Haushalt ihrer Innen- und Sportverwaltung nehmen zu können.
Bei Rot-Grün-Rot waren die Grünen offen für Bewerbung
Die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Klara Schedlich, hatte die Debatte ihrerseits mit harten Vorwürfen gegen die schwarz-rote Koalition eingeleitet. Sie wisse schon, warum der schwarz-rote Senat sich an den Olympischen Spielen 2024 in Paris ein Beispiel nehme, die mehr als doppelt so viel Steuergeld wie angekündigt kosteten: „Denn damit, Versprechen zu brechen, kennt sich diese Regierung aus.“
SPD-Sportpolitikerin Dennis Buchner hielt den Grünen vor, Olympia mal so, mal so zu betrachten und sich damit opportunistisch zu verhalten: Im Koalitionsvertrag mit SPD und Linkspartei von 2021 hätten sie sich [unter gewissen Bedingungen; Anm. der Red.] als Regierungspartei noch offen für eine Bewerbung gezeigt. Buchner verwies darauf, dass die Grünen anderswo pro Olympia eingestellt seien. Tatsächlich stellte sich die bayrische Landtagsfraktion fast einstimmig hinter die Münchner Bewerbung – inklusive ihrer Fraktionschefin, die früher das Gesicht einer „Nolympia“-Bewegung war.
In München kann die Bevölkerung am 26. Oktober bestimmen, ob sich die Stadt wirklich bewerben will. Ähnliches ist auf Stadtstaat-Ebene am 31. Mai auch in Hamburg geplant. Die Berliner Verfassung sieht eine derartige vom Landesparlament angesetzte Abstimmung nicht vor. Möglich ist hier nur ein Volksbegehren, das mindestens zwei Jahre dauert. Die Linksfraktion kündigte am Donnerstag an, ein solches Begehren zu unterstützen.
Außer München und Hamburg konkurriert noch die Rhein-Ruhr-Region mit Berlin als Ort einer deutschen Bewerbung für die Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044. Zum Berliner Konzept gehören auch Sportstätten in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Entscheiden will sich der Deutsche Olympische Sportbund im Herbst 2026.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert