piwik no script img

Die drei Fragezeichen„Es wäre ein Minimalverstoß“

NAZISCHUHE Ein US-Anbieter vertrieb via Amazon Arbeitsstiefel, die im Profil der Sohle Hakenkreuze zeigten. Wer sie trägt, hinterlässt „rechte Spuren“ im Schnee. Der Hersteller bedauerte das Versehen und nimmt die Schuhe vom Markt. Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland?

taz:Herr Hoffmann, wäre ein solches Schuhwerk in Deutschland erlaubt?

Alexander Hoffmann: Nein, weder der Vertrieb noch das Hinterlassen von kleinen Hakenkreuzen wäre zulässig. Die Schuhe müssten sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen werden.

Würde es zu einer Strafanzeige wegen Volksverhetzung kommen und was wäre die Konsequenz?

Nur wenn jemand absichtlich herumliefe und somit auch absichtlich Hakenkreuze in der Gegend verteilen würde. Oder wenn jemand demonstrativ die Füße auf den Tisch legen und andere damit vorsätzlich provozieren würde. Aber es wäre ein Minimalverstoß. Es geht immer darum, ob das Verhalten gezielt ist und auch ob es jemand mitbekommt oder nicht. Für den Verkäufer wäre der Tatbestand hingegen erfüllt, da die Öffentlichkeit sofort mit einbegriffen ist. Das Strafmaß richtet sich natürlich nach der Strafzumessungsregelung und die ist in Deutschland glück­licherweise sehr streng und genau. Es würde aber wahrscheinlich niemand zugeben, dass er die Schuhe wissentlich und mit der Absicht zu provozieren getragen hätte.

Wenn man also nur im eigenen Wohnzimmer mit den Stiefeln auf und ab marschierte, wäre es okay?

Ja, es geht immer um die Öffentlichkeit. Es ist auch erlaubt, Hakenkreuzfahnen zu Hause zu haben, solange sie nicht von außen zu sehen sind. Sobald aber mal der Vorhang versehentlich zur Seite gezogen wird und der Nachbar das Symbol sieht, kann dieser Anzeige erstatten. Bei den Schuhen genauso. Da müssen allerdings die Witterungsbedingungen stimmen.

INTERVIEW Nora Belghaus

Alexander Hoffmann ist Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Kiel. Als ein Vertreter der Nebenkläger ist er auch im NSU-Prozess involviert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen