Die Zukunft des Checkpoint Charlie: Ein umkämpfter Ort
Früher stand der Checkpoint Charlie symbolisch für die Ost-West-Konfrontation. Heute wird wieder gestritten – über die Bebauung.
Im Oktober 1961 standen sich am Checkpoint Charlie sowjetische und amerikanische Panzer gegenüber, der Kalte Krieg wurde so sichtbar wie kaum irgendwo. „Der dritte Weltkrieg stand vor dem Ausbruch“, erklärt Thomas Krüger, Chef der Bundeszentrale für politische Bildung. Das sei ein Mythos, sagt dagegen Klaus-Dietmar Henke, Professor für Zeitgeschichte. „Hier bestand keine Kriegsgefahr.“ Die amerikanische und die sowjetische Staatsführung seien sich darin einig gewesen, die Situation in Berlin nicht eskalieren zu lassen.
Ja was stimmt denn nun?
Krüger und Henke sitzen am Freitag gemeinsam mit anderen Herren vor Journalisten, um für ein Museum des Kalten Krieges am Checkpoint Charlie zu werben. Und vielleicht führt gerade ihr Widerspruch ganz gut vor Augen, wie nötig ein solches Museum ist. 2006 hatte der Senat ein Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer verabschiedet; am Checkpoint Charlie sollte die internationale Dimension durch ein Museum erfahrbar werden. Für den Übergang richtete man eine Bildergalerie ein, seit 2012 gibt es eine Ausstellung in einer provisorischen Blackbox. Aus dem Museum wurde bislang nichts: Am Checkpoint Charlie dominieren Schausteller und Imbissbuden.
Ziemlich gepfefferte Miete
Um die Bebauung der Grundstücke wird seit Langem gerungen: Mit dem Investor Trockland vereinbarte das Land eine Absichtserklärung. Trockland darf ihr zufolge unter anderem ein Hotel errichten, wenn auch ein Museum mit einer Fläche von 3.000 Quadratmetern entsteht. Berlin müsste dafür pro Jahr rund 900.000 Euro Miete zahlen. Auch eine Freifläche rechts und links der Friedrichstraße soll bleiben.
Diese Chance müsse Berlin nutzen, warben am Freitag auch die ehemaligen Regierenden Walter Momper (SPD) und Eberhard Diepgen (CDU). Sie warnten vor jahrelangem Stillstand, sollte sich Berlin jetzt nicht auf den Deal mit Trockland einlassen.
Genau den sehen manche im Abgeordnetenhaus kritisch, etwa Daniel Wesener, kulturpolitischer Sprecher der Grünen. „Wir sind angetreten für eine andere Stadtentwicklungspolitik“, sagt er: Investoren sollen nicht mehr wie in den vergangenen 20 Jahren machen können, was sie wollen. Gerade an einem so wichtigen Ort wie dem Checkpoint Charlie sei es wichtig, zu zeigen: „Das geht auch anders.“ Für Wesener heißt das: Es muss für Berlin mehr rausspringen, etwa mehr Fläche. „Das, was bisher vereinbart wurde, reicht uns nicht.“
Gerade von Diepgen will er sich nichts sagen lassen. In dessen Amtszeit fiel der Verkauf der Grundstücke, ein „American Business Center“ sollte entstehen. Es wäre schön gewesen, die Flächen für das Land zu sichern, sagt Diepgen am Freitag. Aber das sei 1993 nicht möglich gewesen.
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