Die Wochenvorschau von Stefan Alberti: Im Fokus: Deutsche Wohnen
Es bleibt spannend in Sachen Enteignung. Oder um es fußballmäßig mit Sepp Herberger (für unsere beiden jüngeren Leser: Das war der Jogi Löw der 50er Jahre) zu sagen: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Denn kaum ist der SPD-Landesparteitag mit seiner Nicht-Festlegung zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ vorüber, da steht das nächste Delegiertentreffen eines rot-rot-grünen Koalitionspartners an.
Die Grünen kommen am Samstag in der Jerusalemkirche in Kreuzberg zusammen – aber interessanterweise wollen sie da nicht über das Thema der Stunde sprechen, sondern über Leitanträge zu „Selbstbestimmt Leben“ und „Energie“. Vorher ist die taz mit ihrem Landesvorsitzenden Werner Graf verabredet – da sollte sich klären, warum das Volksbegehren beim Parteitag außen vor bleibt. Graf hatte sich jüngst kritisch gegenüber Regierungschef Michael Müller (SPD) geäußert, nachdem der sich mit dem Vorstandschef der Deutsche Wohnen getroffen hatte.
Mitte der Woche steht auch für die taz eine Begegnung mit dem Unternehmen an. Der Immobilienkonzern ist Hauptzielscheibe des Volksbegehrens und in den Augen vieler der schlimmste Vermieter Berlins – aber sein vergangene Woche vorgelegter Geschäftsbericht weist für Vermietungen eine nicht als unsozial geltende Rendite von 4 Prozent aus. All das ist umso spannender, weil parallel zum Landesparteitag der Grünen die Enteignungsinitiative erste Unterstützungsunterschriften sammeln will. Um in die zweite Stufe des Verfahrens zu kommen, das eigentliche Volksbegehren, müssen binnen sechs Monaten 20.000 Berliner unterschreiben.
Wird jetzt der Rad-Rekord geknackt?
Dass das klappt, gilt als ausgemacht – die Frage ist vielmehr, ob der bisherige Sammelrekord Bestand hat: Den hatte die 2016 die Radgesetz-Initiative aufgestellt, die für ihr – dann gestopptes – Volksbegehren in der ersten Stufe rund 90.000 gültige Unterschriften sammelte. Anfang Januar hatten in einer repräsentativen Umfrage des Tagesspiegels 55 Prozent der Berliner Enteignungen befürwortet, nur 34 Prozent waren dagegen. Befragungen für die Berliner Zeitung hingegen zeigen seither eine rückläufige Entwicklung: In einer Anfang Februar veröffentlichten Umfrage waren noch 44 Prozent für Enteignungen und 39 Prozent dagegen, Anfang März hingegen war das Verhältnis 39 zu 47 Prozent.
Aber wie sagte eine andere Fußball-Legende: „Grau ist alle Theorie – entscheidend is auf’m Platz.“ Was für eine Woche!
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