Die Wochenvorschau für Berlin: Die Wirklichkeit ist zu absurd für Aprilscherze
Was tun, wenn die absurdeste Scherz-Story von der Realität überholt wird? Sich den Protesten gegen Tesla anschließen wäre schonmal ein guter Anfang.

A pril, April! Der Beginn des neuen Monats ist traditionell die Gelegenheit für Spaßvögel, ihre Mitmenschen mit absurden erfundenen Geschichten in die Irre zu führen. Auch in der taz ist an dem Datum schon die ein oder andere Ente erschienen.
Doch der Aprilscherz gerät zunehmend unter Druck. In Zeiten, in denen in den sozialen Medien massenweise KI-generierte Falschmeldungen geteilt werden, sei die Medienkompetenz, um einen Aprilscherz zu erkennen, bei Vielen gar nicht mehr vorhanden, lautet ein Kritikpunkt. Doch das größte Problem ist, dass es zunehmend schwierig wird, sich Geschichten auszudenken, die absurder sind als die Wirklichkeit.
So beginnt am Mittwoch der Prozess gegen einen Influencer, der an Silvester auf Instagram gepostet hat, wie er eine Rakete in ein offenes Fenster schießt. Als wäre das nicht dumm genug, hat der 23-Jährige kurz darauf in einem Interview angekündigt, der Strafe entgehen zu wollen, in dem er das Land verlässt. Drei Monate Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr waren die Folge.
Bei anderen Nachrichten hofft man insgeheim, dass irgendjemand einfach vergessen hat ein „April, April“ hinterherzuschieben. Zum Beispiel, dass Elon Musk, reichster Mensch der Welt und Fabrikbesitzer in Grünheide, schamlos Hitlergrüße verteilt und in den USA gerade einen autoritären Staatsstreich vorantreibt.
Leider ist daran nichts fake, umso besser, dass die Graswurzel-Protestbewegung „Tesla Takedown“ auch in Berlin angekommen ist. Am Samstag veranstalten Aktivist:innen eine Kundgebung vor dem Tesla Showroom am Leipziger Platz. Bereits am vergangenen Samstag hatten dort mehrere Demonstrant:innen orangene Regenschirme aufgespannt und sich auf den Boden gelegt.
Ob Stromer oder Verbrenner, am besten wäre das Leben ohne Autos – zumindest innerhalb des S-Bahn-Rings. Das dachten sich zumindest die Initiator:innen des Volksbegehrens Berlin Autofrei. Genügend Stimmen hatten sie schon 2021 gesammelt, doch dann erklärte der damalige Senat den vorgeschlagenen Gesetzesentwurf für verfassungswidrig. Die Initiative legte Beschwerde ein, über die der Berliner Verfassungsgerichtshof am Mittwoch verhandelt.
So schön die Vorstellung einer autofreien Innenstadt ist, benötigt sie doch einen ÖPNV, der funktioniert. Das ist gerade in Berlin nur leidlich der Fall, nachdem die Ringbahn zwischen den Stationen Halensee und Westend dauerhaft unterbrochen ist. Grund ist die marode A100-Brücke, die nicht mal sicher genug ist, damit eine S-Bahn drunter durchfahren kann. Doch diese Woche will die Autobahn GmbH einen „belastbaren Zeitstrahl“ bekanntgeben, der verrät, wann Züge und Autos wieder rollen dürfen.
Wenn Sie am Dienstag also einen Artikel darüber lesen, wie in dieser Stadt dank der zukunftsgewandten Verkehrspolitik des Senats alles gut funktioniert, seien Sie skeptisch.
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