Die Wochenvorschau für Berlin: Es gibt wieder was zu sehen
Nachdem Museen, Jugendprojekte und Initiativen wegen Corona vieles ins Internet verlagert hatten, wagen sie nun langsame Schritte zurück ins Analoge
Der Anblick eines mit Blaulicht quer auf der Straße stehenden Polizeiautos am Sonntagmorgen an der Hasenheide irritiert. Sperren die so nicht normalerweise die Straße für Demos oder den Karneval der Kulturen ab? Und ist denn dieses „Normalerweise“ nicht seit Wochen ausgefallen, abgesagt, verschoben?
Die wenigen Passant*innen, die schon so früh unterwegs sind, jedenfalls bleiben neugierig stehen und wirken leicht euphorisch. Endlich gibt es mal wieder etwas zu sehen: in diesem Fall einen Feuerwehrmann, der gerade einen Schwan auf den Arm genommen hat, ihn liebevoll am langen Hals krault und von der Straße trägt. „Der stand hier die ganze Zeit und wollte einfach nicht weg“, sagt ein Radfahrer. Er klingt sehr zufrieden. Dieser Rettungsaktion auf der Straße zuzugucken ist definitiv besser als ein Tiervideo auf Youtube.
Auch abseits von Schwanrettungen gibt es ab Montag wieder mehr in analogen Räumen zu sehen und zu unternehmen. So dürfen sich etwa die Mitarbeiter*innen von Familienzentren, Jugendfreizeitstätten und anderen Projekten für Familien, Kinder und Jugendlichen ab Montag wieder in den Kiezen bewegen – im Rahmen der Abstands- und Hygieneregeln. Die Einrichtungen hatten viele ihrer Angebote so weit wie möglich auf digitale Angebote umgestellt. Nun sollen Graffiti, Spiele, Bewegung, aber auch Gespräche wieder für einzelne Kinder und in Kleingruppen möglich sein.
Im Deutschen Historischen Museum eröffnet die Ausstellung über „Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“. Dieses sei ohne Arendt nicht zu verstehen. Es geht um Totalitarismus, Antisemitismus, die Lage von Flüchtlingen und Feminismus. Könnte also auch beim Verstehen des 21. Jahrhunderts helfen.
Das „Bündnis gegen Homophobie“ flutet dann gegen Ende der Woche den ganzen Stadtraum. Im Vorfeld des Internationalen Tages gegen Homophobie, Biphobie und Transphobie am kommenden Sonntag starten sie eine Kampagne gegen Hasskriminalität und häusliche Gewalt. Die Plakate sollen an mehr als 2.000 Orten zu sehen sein. Das Bündnis fordert Anerkennung und Respekt gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender. Am Mittwoch stellen sie die Motive vor.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Südstern bleibt das Bild des Feuerwehrmanns mit dem Schwan. Trug Alice im Wunderland nicht auch so ein großes langhalsiges Vogeltier mit sich herum? Nur dass es dort ein rosa Flamingo war.
Und eine andere verschobene Normalität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer