Die Wochenvorschau für Berlin: 100 Jahre 1919
Nach dieser Woche voller Jubiläen wird man sich besser vorstellen können, wie sich Berlin vor einem ganzen Jahrhundert angefühlt haben mag.
Wenn sich der abenteuerlustige Mensch aus Berlin nur eine einzige Zeitreise wünschen dürfte und der Zug nach 1918 wäre schon ausgebucht: Er würde wohl das Jahr 1919 wählen. Der Spartakusaufstand wird niedergeschlagen, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht werden ermordet. Kulturell war überall Aufbruch: Immer mehr Bars, Nachtclubs und Ballhäuser machten auf, auch die Glanzzeit der großen Film- und Theaterpaläste brach an.
Wer sich unter dieser Zeit wenig vorstellen kann, der hat in dieser Woche gleich dreifach Gelegenheit, sich bei großen Jubiläumspartys etwas auszumalen. Am Dienstag feiert zum wiederholten Mal in diesem Jahr das Revuetheater Friedrichstadt-Palast seinen Hundertsten. Eröffnet wurde es 1919 von Max Reinhardt eine Straßenecke weiter als expressionistisches Monumentaltheater. Zuvor stand dort Berlins erste Markthalle, an die der Friedrichstadt-Palast diese Woche erinnern will.
Einer der schönsten Kulturpaläste, der 1919 eröffnete, war vermutlich der Ufa-Palast am Zoo, mit 1.740 Plätzen wurde es das wichtigste Uraufführungstheater der Universum Film AG. Nach seiner Bombardierung im Zweiten Weltkrieg entstand genau an seiner Stelle der Zoo Palast. Schön, dass dort am Mittwoch jener Film zu sehen ist, mit dem der Ufa-Palast am 18. September 1919 eröffnete: „Madame Dubarry“ von Ernst Lubitsch.
Der Historienfilm ist eine Annäherung an Marie Jeanne Bécu, die spätere Comtesse du Barry, die eine Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. war und 1793 hingerichtet wurde. Ein Film, der unter anderem den Sturm auf die Bastille zeigt – und das im Jahr 1919!
Kunst im Tacheles
Wer danach noch Lust hat, sich mit einem Palast anderer Art aus ähnlicher Zeit zu befassen, der kann am Donnerstag in die Projektentwicklung des ehemaligen Kulturzentrums Tacheles eintauchen. Vor 110 Jahren, also 1909 eröffnet, war die Friedrichstraßenpassage der zweitgrößte Shoppingtempel der Stadt. Das, was viele Berliner mit den Resten des Baus assoziieren – die Besetzung der Ruinen durch die Künstlerinitiative Tacheles 1990 und ihre Entwicklung zu einem der vitalsten Kunst- und Veranstaltungszentren der Stadt – wurde mit der Räumung des Hauses 2012 beendet.
Nun geht es bei der Grundsteinlegung des neuen Quartiers durch einen Investmentfonds darum, wie viel Kultur in Zukunft stattfinden kann. Kürzlich sickerte durch, dass es sich auf eine weitere Filiale eines schwedischen Fotografiemuseums beschränken soll.
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