Die Wochenvorschau für Berlin: Von Mauern, Mördern und Möpsen
Die Schulferien gehen zu Ende, das Sommerwetter bleibt, Neonazis marschieren in Spandau und in Lichtenrade sind die Möpse los: Das bringt die Woche.
Merken Sie’s auch? Die Brötchen-Schlange beim Bäcker nebenan wird wieder länger, die Parkplätze in der Straße knapper. In der Gemüseabteilung im Supermarkt steht man sich wieder im Weg, und die Nachbarn sind auch wieder da: Die letzte Schulferienwoche bricht an, für viele geht damit die Urlaubszeit zu Ende. Wenigstens soll das hochsommerliche Wetter noch anhalten. Wobei man ja inzwischen nur noch mit schlechtem Gewissen in den Badesee springen kann, denn eigentlich haben wir ja nicht Sommer, sondern Klimawandel.
Insofern kann man gar nicht entschlossen genug gegen die Motorisierung zu Felde ziehen. Zumal man mit Autos auch noch andere schlimme Dinge anstellen kann, nächtliche Rennen auf dem Ku’damm zum Beispiel: Am Dienstagmorgen beginnt vor dem Berliner Landgericht die Neuauflage des Raserprozesses gegen zwei junge Männer, die vor zwei Jahren mit 170 km/h den Ku’damm hinunter und über zehn rote Ampeln fuhren. Am Ende prallten sie gegen den Geländewagen eines unbeteiligten Rentners, der Mann war sofort tot. Das Landgericht hatte die beiden Angeklagten wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt – eine Premiere bei Raserprozessen.
Am Bundesgerichtshof mochte man dieser Entscheidung allerdings nicht folgen. Die Karlsruher Richter konnten keine vorsätzliche Tötungsabsicht – Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Mordes – erkennen. Nun muss das Landgericht neu verhandeln. Das Strafmaß für fahrlässige Tötung liegt bei maximal fünf Jahren Haft.
Nachdenklich stimmt uns in dieser Woche ein Blick in die Geschichtsbücher: Am Montag wird des Beginns des Mauerbaus vor 57 Jahren gedacht. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) findet sich mittags zur Kranzniederlegung vor dem Peter-Fechter-Mahnmal in der Zimmerstraße ein, gleich nebenan vom Checkpoint Charlie, wo der damals 18-jährige Fechter 1962 von Grenzern beim Fluchtversuch aus der DDR erschossen wurde. Stiller und mit weniger Medienrummel gedenken lässt sich aber anderswo, zum Beispiel am Kreuzberger May-Ayim-Ufer. Dort erinnert ein Kreuz an die Mauertoten, der Bezirk lädt vormittags zur Gedenkveranstaltung.
Politisch geht es weiter: Vergangenheit verpflichtet, vor allem wenn Nazis marschieren. Also auf zu den Kundgebungen gegen den Heß-Marsch, mit dem sie am Samstag Hitlers Stellvertreter gedenken wollen.
Und während die Rechten am besten gar nicht loslaufen, sollen die Möpse ruhig mal rennen: Höhepunkt des Internationalen Lichtenrader Mopstreffens am Samstag ist laut Veranstalter das Mopsrennen mit elektronischer Zeitnahme, Zielfoto und Laufvideo.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!