Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Konstruierte Konfrontation mit Kapitänin, Horst Seepferdchens Badehose und viel zu billige Drogen. Außerdem: Putins PR für Europa.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Timmermanns ist Holländer.
Was wird besser in dieser?
Warum nicht mal ein Holländer als SPD-Chef?
Für Italiens Innenminister Matteo Salvini ist „Sea-Watch“-Kapitänin Carola Rackete eine Verbrecherin. Ist sie das und was wäre das Recht wert, gegen das sie verstieße?
Die Klabauterfrau ist im Recht – im Völkerrecht: Art. 98 des „Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen“ zwingt sie zur Hilfe für Personen in Seenot. Ein Recht zur Ausschiffung hingegen wird bestritten: Küstenländer müssen an der Anlandung „mitwirken“. Also mal so rumnebelhornen, ob noch wer Gestrandete gebrauchen kann. Nicht immer greift ein „Nothafenrecht“. Dagegen also bringt Salvini eine Verletzung italienischer Gewässer vor, den Verstoß gegen die Hafensperrung Lampedusas. Und „Gewaltanwendung gegen ein Kriegsschiff“ – weil Racketes Schiff und ein Boot der „Guardia de Finanza“ einander knirschend begrüßten. Da Frankreich, Luxemburg, Portugal und Deutschland sich unterdes bereit erklärt hatten, die gut 40 Vertriebenen aufzunehmen, ist die rechtliche Konfrontation konstruiert. Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand, also braucht er diesmal beide.
Der größte deutsche Drogen-Onlinehandel, „Chemical Revolution“, wurde zerschlagen, in Rotterdam wurden 2,5 Tonnen Crystal Meth sichergestellt, und laut UN-Bericht für 2017 ist nicht nur die Kokainproduktion auf einem Allzeithoch, es gab weltweit auch 585.000 Drogentote. Kommt nun der „Krieg gegen die Drogen“ zurück? Und was ist eigentlich mit der Nachfrageseite?
Springt an, wenn der Preis sinkt. Man kann das Zeug online schießen und eine Agro- bis Aggroindustrie drückt neue Rekordernten in die Märkte. Drogen sind zu billig und Staaten, die sich die Augen zuhalten, haben keinen Einfluss auf die Preise, etwa durch staatliche Ausgabe und Steuern darauf. Die andere Methode, die Nachfrage zu erhöhen, ist Verknappung. Das tun Staaten, die dagegen Krieg führen.
Mailand und Cortina d’Ampezzo haben den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2026 erhalten. Wintersport. Italien. Klimawandel. Passt das zusammen?
Italien will zu 80 Prozent bestehende Sportstätten nutzen. Also muss es da früher mal Schnee gegeben haben, oder die rodeln im Kühlschrank. So sollen auch die Kosten 75 Prozent unter bisherigen Winterspielen landen, was gut zum Defizitverfahren gegen Italien passt. Konkurrent Stockholm hatte einen Greta-Freestyle-Nachhaltigkeitsplan vorgelegt und eher skeptische Umfragezahlen: Knapp die Hälfte der Befragten waren für die Spiele. Apres-Ski-Quizspaß: Wie muss eine Organisation aussehen, die dem Wintersportland Schweden seit Einführung noch nie die Spiele gegeben hat?
Hier ist Sommer und Hunderte deutsche Schwimmbäder sind marode. Eigentlich hat der Bund für die Sanierung Gelder bereitgestellt, nun verschickt er aber Ablehnungen. Badet Deutschland unter seinen Verhältnissen?
80 Prozent der notleidenden Bäder sind vom Beckenrand gehüpft: Plumps, Absage. Schwermatrose Bartsch von der Linken taucht auf und prustet: 135 Millionen Euro, damit eine schwimmt: die „Gorch Fock“. 110 Millionen Euro für die 67 Schwimmbäder, die Zuschüsse bekommen sollen. Die DLRG mahnt: immer weniger Kinder lernen schwimmen, die Zahl der Badeunfälle steigt. Bisher ist das zähe, karge Bäderprogramm vor allem ein Sticker auf der Dienstbadehose des zuständigen Ministers – Horst Seepferdchen.
Im Fall Walter Lübcke gab es zwei Haftbefehle gegen die Männer, die dem geständigen Täter Stephan Ernst zur Waffe verholfen haben sollen. Ermittler haben außerdem Ernsts Waffendepot auf dem Gelände seines Arbeitgebers entdeckt. Welche Behörde hat da im Vorfeld was und warum übersehen – und wer muss nun gehen?
So doof kann man „Rechte tolerieren“-Gauck und „keinen Anlass zu Selbstkritik“-Maaßen gar nicht finden, dass man sich jetzt freut. Die Hintergründe sind unheimlich heimlich.
In einem Interview mit der Financial Times im Vorfeld des G20-Gipfels in Osaka sagte Russland Präsident Putin, liberale Ideen hätten „ihren Sinn bereits überlebt“ und würden in der künftigen Gesellschaft nicht mehr gebraucht. Ist er damit weit vorn oder ganz schön zurückgeblieben?
So geht PR für Europa. Theoretisch. Seit Trump, Putin, der „illiberale Demokrat“ Orbán oder die mächtige Brieftasche des Ostens, China, an unserm possierlichen Küstenstreifen herumzerren, wissen wir, wie gut wir es hatten. Man könnte Nationalist werden, wenn Europa eine Nation wäre.
Merkel hat wieder gezittert. Zeit für ein öffentlich gemachtes Attest?
Merkel muss einschätzen, ob sie in der Ausübung ihrer Amtsgeschäfte beeinträchtigt ist. Der Rest geht uns nichts an.
Und was machen die Borussen?
Der BVB hat zwischen seinen Champions-League-Spielen lauter Auswärtstermine, die Bayern nur Heimspiele. Fängt fair an, die neue Saison.
Fragen: hdl, waam
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut