Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Drei Varianten für die SPD, drei Revolutionen zum Preis von einer für Österreich – also: volle Wurschtelpower voraus.

Eine Reihe von Fußballspielerinnen läuft über den Rasen

Nur hier wird nicht gewurschtelt: die deutsche Nationalmannschaft Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Adenauer-Haus vergaß, seine eigene Influencer-Seite www.unterstützt-merkel.de rechtzeitig abzuschalten.

Was wird besser in dieser?

Cathy Hummels oder Hans Sarpei machen da Meinung. Auch Rudi Gutendorf und Diether Thomas Heck. Positiv: Viele CDU-Influencer leben noch.

Die EU-Wahl hat gezeigt, bei der SPD geht es nur noch in eine Richtung, nämlich bergab. Andrea Nahles geht also den Weg aller Vorsitzenden. Kommt jetzt Kevin?

Variante „Eiter so“ mit Olaf Scholz und Manuela Schwesig; die Partei vertraut auf Kabinettsnasen und Groko-Erdulder. Die dürfen dann nach drei weiteren Klatschen bei den Landtagswahlen im Osten zurücktreten. Variante „Stümperemos“ mit Scholz und Kühnert. Raus aus der Groko, linke Programmatik. Scholz hat die Wahlniederlage im Gepäck und Kühnert kein Bundestagsmandat. „In Gefahr und Not ist der Mittelweg der Tod“, und der heißt: volle Wurschtelpower bis nach den Landtagswahlen, Variante 3: Malu Dreyer übergangsverwaltet und für die Fraktion findet sich auch wer.

Die SPD ist der Hausmeister, der immer noch davon träumt, Schuldirektor zu werden. Dabei wird er nur noch gerufen, wenn das Jungsklo verstopft ist, und ist dann automatisch schuld. Unter uns wäre die Schule eher denkbar ohne Direx als ohne Hausmeister, aber, „denken“ – komm mir nicht mit so was. Die Implosion einer regierungsfähigen Partei ist eine schlechte Nachricht für alle; so viele gibt’s davon nicht. Die Union noch, und bei den Grünen viele Fragen.

Die AfD hat nicht genug Leute, um die Mandate, die sie in einigen ostdeutschen Ländern bei den Kommunalwahlen gewonnen hat, zu besetzen. Zum Lachen oder zum Weinen?

Zum Lamentieren. Zwischen Opferrolle – man habe sich weggeschlachtet, um überhaupt antreten zu können – und Opferrolle – Kandidaten fürchteten Repressalien, wenn sie für die AfD anträten. Im Westen hat die AfD mehr von einer Senioren-Union: Gauland, Glaser, Brandtner und viele scheiterten in der CDU und rächen nun ihr Ego. Im Osten hat die AfD Stimmen und Stimmung – und die ist traditionell autoritär: „Die da oben“ sollen alles anders machen, heißt auch: wir hier unten tun mal garnichts. Warum sollte eine antidemokratische Partei demokratisch funktionieren ?

Die Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein wurde von Präsident Alexander Van der Bellen mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Damit hat Österreich seine erste Bundeskanzlerin. Sind nun alle Probleme gelöst?

Pausenprogramm für das Riesencomeback von Sebastian Kurz nach der Nationalratswahl im September. Bis dahin immerhin eine Farbe, die van der Bellen setzt: Frau, parteilos, kompetent – drei Revolutionen zum Preis von einer.

Reporter ohne Grenzen warnt vor Plänen des Innenministeriums, die das Redaktionsgeheimnis und damit die Pressefreiheit gefährden würden. Das Innenministerium widerspricht, ein Ausspähen von Journalisten sei nicht vorgesehen. Was geht da vor sich?

Was der BND seit zwei Jahren mit dem „Staatstrojaner“ bereits tut: Ist ein Ausländer an Kommunikation beteiligt, kann der Nachrichtendienst den Beifang – etwa inländische Kommunikationspartner – gleich mit ausspähen. Statt des Umweges „Amtshilfe“ soll der Verfassungsschutz nun gleich selbst ausspähen: Auch Autosoftwaredaten, „Alexa“, die digitale Barbie im Kinderzimmer. Die Journalisten haben nur als Erste reagiert. Darin liegt kaum tröstliche Ironie: Ein Verfassungsschutz, der scharf auf die Recherchen von Journalisten ist, weiß, dass er nichts weiß. Die SPD hat den Gesetzentwurf in Gänze zurückgewiesen. Wir werden uns liebevoll an sie erinnern.

Die Automaten der Versandapotheke DocMorris, die Versorgungslücken schließen und Kund*innen per Video beraten sollen, bleiben nach einem Urteil des OLG Karlsruhe verboten. Besser keine Tabletten als die falschen?

Solange die FDP keine Automaten aufnimmt, wird das auch nichts.

Beim letzten Testspiel vor der Fußball-WM hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft 2:0 gegen Chile gewonnen. Werden sie nach 12 Jahren wieder Weltmeisterinnen?

Die Trainerin erzählt, eine „Playstation“ sei sogar im Hotel vergessen worden – so wenig interessiere die Spielerinnen das, was die Herren Kollegen den Titel gekostet haben soll. Also: Ja.

Die Elite-Uni Harvard hat Angela Merkel die Ehrendoktorwürde verliehen, dort wurde sie auch für ihre Verdienste um den Mindestlohn und die Ehe für alle gelobt. Mit was für Errungenschaften überrascht die Bundeskanzlerin uns als Nächstes?

Die FAZ hörte „niederschmetterndes intellektuelles Niveau“, „Kitsch“, „stellenweise wie abgeschrieben“ – Merkel muss richtig gut gewesen sein, den gedruckten Nationalrat so zu verärgern. Es bezieht sich im Original nicht auf Merkel, sondern auf Wagner-Opern, wie man in den USA gern sagt: „It ain’t over, until the fat Lady sings“.

Und was machen die Borussen?

„Rocco & his brothers und Modus“ bekennen sich mit einem überzeugenden Video zu den gefakten Anti-Nazi-Plakaten mit vermeintlichem BVB-Absender. Nun ermittelt der Staatsschutz, während in Dorstfeld noch „Rechte“-Plakate gammeln mit Slogans wie „Wir hängen nicht nur Plakate“.

Fragen: Lilly Schlagnitweit

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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