Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Grünen diskutieren die Kanzlerkandidatur, Thorsten Schäfer-Gümbel vergleicht sie mit der AfD. Und Trump verliert eine weitere Mitarbeiterin.

Sarah Sanders steht etwas verdrossen da und blickt zur Seie

Symptom der Trump-Ära: Sanders hört als Sprecherin im Weißen Haus auf – und keiner fragt warum Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Grüne diskutieren Kanzlerkandidatur.

Und was wird besser in dieser?

Never change a winning team.

Im Golf von Oman wurden zwei Öltanker bei Explosionen beschädigt. Die USA behaupten, der Iran stecke hinter dem Angriff, der Iran wehrt sich gegen die Anschuldigungen. Wer lügt da nicht?

Der, der schweigt. Zu den Angriffen auf vier Tanker im Golf von Oman Mitte Mai liegt bisher ein vorläufiger Untersuchungsbericht vor: auch er ein Bausch von Vermutungen. Fazit: komplexe Sache, könnte ein Staat dahinterstecken. Eine solide Untersuchung braucht mehr Zeit. Lüge ist, was wider besseres Wissen behauptet wird. Besseres Wissen hat aber noch keiner.

Thorsten Schäfer-Gümbel, kommissarischer SPD-Chef, zieht in einem Interview Pa­rallelen zwischen den Grünen und der AfD: Die einen würden alles Elend der Welt auf den Klimawandel, die anderen auf Migration reduzieren. Beides verkürze Politik in einer grotesken Weise. Auf Twitter relativierte Schäfer-Gümbel später seine Aussagen. Grotesk? oder einfach SPD?

Dahingestellt, ob das Argument „Die anderen sind aber auch doof“ ein pfiffiger Move ist für ein ehrgeizige Splitterpartei: Nimmt man den rhetorischen Kern, heißt er: AfD und Grüne trumpfen derzeit mit negativen Verheißungen auf. Klimakatastrophe, Überfremdungshorror. Beides kann man nach seinem Faktengehalt bestens unterscheiden. Nur die SPD hat eine positive Verheißung, etwa Kühnerts unveredelte Brocken zur gesellschaftlichen Kontrolle des Geldes. Nun, sie hatte diese Verheißung, bis etwa Thorsten Schäfer-Gümbel der Bild zu dem Thema antwortete: „Hören Sie damit auf! Ich beantworte diese Frage nicht!“

Sarah Huckabee Sanders hört als Sprecherin im Weißen Haus auf. Muss Donald Trump jetzt allein gegen Fake News kämpfen?

Ihre dreistesten Lügen, rechte Esoterik („Gott wollte Trump“) und peinlichste Auftritte werden nun zitiert wie Greatest Hits einer kurzen Popkarriere. ­Symptom der Trump-Ära: Man fragt gar nicht erst, warum sie geht.

„Upskirting“, das Fotografieren unter den Rock, ist in England bereits strafbar. Bald soll es dazu auch in Deutschland eine Bundesratsinitiative geben. Wie sollen wir solche Meldungen denn dann überhaupt noch bebildern?

Schottisch. – Bei der Gelegenheit könnte man auch mal den prähistorischen Artikel 183 des Strafgesetzbuchs schreddern: „Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Ja, da steht „Mann“.

Rechtspopulistische Parteien, darunter die AfD, haben sich im Europaparlament zur Fraktion „Identität und Demokratie“ zusammengeschlossen. Ein guter Name?

Die „ID“-Fraktion werde „Stachel im Fleisch“ der EU sein, kündigt Vizechef Meuthen an. „Schaschlickjungs“ wäre also auch hübsch. Wenn nicht ausgerechnet Orbáns ungarische Fidesz noch auf Bewährung bei der Konkurrenz wäre. Die heißt „Europäische Volkspartei“, und da schwingt außerdeutsch durchaus auch „völkisch“ mit bei manchen. Polens PIS und Farages Brexit-Partei fehlen, Hollands Wilders und andere verfehlten Parlamentssitze. Einstweilen tröstet, dass die Parteien des entfesselten Egoismus offenbar entfesselt egoistisch sind und wenn nicht braun, so doch sich untereinander nicht grün.

René Pollesch wird neuer Intendant der Berliner Volksbühne. Werden Sie Abonnent?

Nein, schwindelig! Die Zeit entdeckte in Polleschs Einlassungen „ein globalisierungskritisch camoufliertes fremdenfeindliches Narrativ“, belobigt jedoch „erfrischend souveränes hantieren mit dem gesprochenen Binnen-I“. Das Erotik-Magazin FAZ freut sich über „Verantwortung als Sexappeal“, und der örtliche Tagesspiegel zitiert den Meister selbst: „Das postdramatische Theater, zu dessen wichtigen VertreterInnen ich gehöre, ist eigentlich eine Brecht-Dramatik ohne Brecht.“

Das Feuilleton, zu dessen wichtigen UrlaubsvertreterInnen ich gehöre, freut sich auf Brecht ohne Brecht, dafür mit Binnen-I („Briecht“), und ich würde Abo bezahlen, wenn die einfach so weitermachen und ich nicht hinmuss.

6,5 Milliarden Euro hat die 5G-Versteigerung dem Bundeshaushalt eingebracht. Was kaufen wir uns jetzt davon?

Roaming und ­Netzabdeckung. Nun will der Bund Masten aufstellen, wo es die Anbieter nicht tun, und den freien Netzwechsel anordnen, wo die Anbieter sich weigern. Hätte man auch gleich zur Bedingung der Versteigerung machen können, doch da war der Verstand gerade im Funkloch.

Und was machen die Borussen?

Holen angeblich Mats Hummels zurück, womit sie, nach dem Hinhertransfer Götzes, ihrer sozialen Aufgabe als Kinder- und Seniorenheim des FC Bayern nachkämen.

Fragen: Lilly Schlagnitweit und Ambros Waibel

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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