Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Dorfdeppen in Syrien, warum sich die Grünen hinter Bäumen verstecken und wie Matthias Müller den Klimawandel stoppen könnte.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Appell von Stoiber, Verheugen, Teltschik, Vollmer und Schäfer zur Russlandpolitik flutscht unerhört durch die Aufregungsindustrie.
Und was wird in dieser besser?
„Unerhört“ wird Wort des Jahres.
Victor Orbán hat in einem Interview gesagt, sich in Einwanderungsfragen in guter Gesellschaft zu anderen Europäern zu sehen, darunter Polen und Bayern. Was sagen Sie, treten wir ihm den Freistaat einfach ab?
Audi, Bosch und Mercedes sind unter den vier größten Unternehmen Ungarns, RTL Klub führt den Markt bei den Privatsendern. Mit EU-Subventionen fließen auch deutsche Beiträge in finstere Kanäle. Dass so viel Geld so wenig Macht macht, erstaunt. In Orbáns Europa genießt nur das Geld Freizügigkeit, darin sehen Polen und andere ein Modell. Scheinheilige Idee, überall hin Handel zu treiben und keinen reinzulassen. Das durfte, dank „Dublin“, jahrelang nur Deutschland.
Am Wochenende bombardierten die USA, Frankreich und Großbritannien Stellungen in Syrien – als „Vergeltung“ für den vermeintlichen Giftgasangriff des Regimes. Lässt Sie das ruhiger schlafen oder beschert es Ihnen Albträume?
Jetzt wird es argumentativ sportlich: Während auch Merkel, von der Leyen, Maas die Angriffe „verhältnismäßig und erforderlich“ salben, legt Frankreich eine UN-Resolution vor: Ein „unabhängiger Mechanismus“ möge die „Verantwortlichkeit für den Giftgasangriff“ klären. Zu jeder Hinrichtung gehört ein fairer Prozess, gern auch hinterher. Amerika wollte seine „intelligenten Waffen“ einsetzen, den Präsidenten rechne ich eher nicht dazu. Die unterlassene Abstimmung mit Russland ist ein guter Versuch, Putin und Assad beieinander zu halten. Es war ein Fehler Obamas, Russland als „Regionalmacht“ zu unterschätzen; Trump macht weiter Richtung „Dorfdepp“.
Die Grünen haben die „vierte Phase“ ihrer Partei eingeläutet und streiten über ein neues Grundsatzprogramm. In welche Richtung müsste das gehen?
Nach hinten los – das ist derzeit ihre Spezialität. Die letzten Jahre lese man als Drei-Phrasen-Schnellreiniger: Von der pazifistischen Gründung als Protestpartei gelang eine 180-Grad-Drehung zum Blumenstreukommando bei Auslandseinsätzen. Frauenbewegung dagegen ist Gemeingut geworden, das war so erfolgreich wie das „AKW – nein danke“. In der Sozialpolitik rangeln die Grünen mit der SPD getreu dem ökologisch inspirierten Schlachtruf „Seid nicht feige, Jungs, lasst uns hintern Baum“: Agenda war vermutlich die CDU. Also – von „ökologisch, sozial, gewaltfrei“ ist derzeit noch „…logisch“ übrig. Phase vier einzuläuten ist ehrlich und richtig: Kann Gentech Hunger bekämpfen? Ist Digitalisierung böse? Ist Öko der bessere Kapitalismus? Das sind teils filigrane Fragen, äderig im Vergleich zu den plakativen Pinselstrichen von dunnemals. Robert Habecks Ansatz, die Partei als Kern einer Bewegung neu zu erfinden ist formell, doch das innovativste daran.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat mal wieder gepoltert und gesagt, der Islam habe keine vergleichbaren demokratischen und liberalen Strukturen hervorgebracht wie das Christentum. Welche Episoden im Geschichtsunterricht sollte er dringend noch mal nachholen?
Als unsere Ahnen noch im Sexagesimalsystem an den Fingern abzählten, kam um 900 aus der islamischen Welt die „Null“ daher und das Zehnersystem. Okay, wir halten ja auch am 60er-Rechnen bei Zeit und Winkeln fest, und gern sähe man Dobrindt die weltumspannende Wissenschaft wieder auf islamfreien Abakus rückverkindern.
VW-Chef Matthias Müller muss gehen. Wem, finden Sie, sollte er die voraussichtliche Abfindung in Millionenhöhe spenden, einem Verein gegen Tierversuche oder den Krankenkassen?
Die FAZ rechnet Müllers Rente auf 2.900 Euro hoch – pro Tag. Davon könnte er sich alle 13 Tage einen werksneuen Golf GTE Hybrid kaufen und, gesunde Lebensführung vorausgesetzt, bis ins hohe Alter eine gewisse Nachfrage bei umweltverträglichen Autos stimulieren.
Was macht Ihnen mehr Angst: Trumps Twitterprofil („Get ready, russia“) oder das von Beatrix von Storch? („Der Islam wird wieder zuschlagen.“)
„Psychisch labil eingestufte Amokfahrer“ sind bei Twitter wesentlich besser aufgehoben als in der Innenstadt von Münster. Von Storch ist Pöbelfolklore und lebt davon, dass sie kaum jemand ernst nimmt. Trump umgekehrt.
In Berlin hat Volksbühnen-Intendant Chris Dercon nach massiven Protesten gegen sein Theaterprogramm aufgegeben. Und jetzt?
… warten wir auf die Shakespeare, die „Dercon und Casdorf – ein Volk und seine Bühne“ schreibt.
Und was machen die Borussen?
Habt Ihr einen Clown verschluckt? Der Redaktionsschluss ist identisch mit der Anstoßzeit Schalke – Dortmund.
Fragen: havo
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