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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Keine Sanktionen gegen die Türkei und keine Witze auf Kosten von Alexander Dobrindt. Und die Pkw-Maut? Die gibt's eh nicht mit Merkel.

Und hatte Merkel nicht auch versprochen, dass die Pkw-Maut mit ihr gar nicht käme? Foto: dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Clinton kandidiert nicht gegen TTIP, NSA, Nato-Imperialismus, EU-Bashing. Nur gegen Trump.

Und was wird besser in dieser?Wenn Trump hier anträte, gewänne Merkel noch mal.

Hamburgs Elbphilharmonie ist fertig. Und YouTube und die Gema haben sich geeinigt. Wird am Ende doch alles gut?

Cooler Vergleich! Kann man ausdünsten bis auf die Kernfrage: Wer kann Kultur besser, der Staat oder das Kapital? In diesem Fall verbrennt der Staat das Zehnfache vom angesagten Steuergeld und kommt dafür mit fünf Jahren Verspätung ins Ziel. Dies Ziel selbst ist den meisten Sponsoren formerly known as Steuerzahler herzlich egal, weil so eine glitzernde Fiedelbude dem RTL2-Zuschauer am Ohr vorbeigeht. Kurz: Hier bedient sich eine kulturelle Elite bemerkenswert selbstgefällig am Sparstrumpf der Mehrheit. YouTube startete vor gut zehn Jahren mit der Brecht’schen Radiotheorie: „Jeder ein Sender, jeder ein Empfänger“, also: „Broadcast yourself.“ Schnell erblühte das Geschäftsmodell, fremde Urheberrechte mit ordentlich Werbung zu eigenen Milliarden zu veredeln. Der Einmarsch von Google beschnitt die Meinungsfreiheit in den Kommentaren, intensivierte auch den Datenhandel. Und heute wabert am Horizont bereits ein Bezahl-YouTube, Kultur gegen Gebühren. Das können ARD und ZDF schon länger. Das staatliche Modell nimmt also das Geld vieler, um einige kulturell glücklich zu machen. Das kapitalistische hingegen nimmt die Kultur vieler, um einige finanziell glücklich zu machen. Hm, ich wusste, dass ihr euch einen geilen Zusammenhang ausgedacht hattet bei der Frage!

Der türkische Präsident Erdo ğan ließ 13 Cumhuriyet-Mitarbeiter_innen und die Spitzen der prokurdischen Partei HDP festnehmen. Wie soll Deutschland reagieren?

Das am nächsten Liegende scheint das Dümmste: die legendären „EU-Sanktionen gegen Österreich“ wegen der ersten Regierungsbeteiligung der FPÖ scheiterten, stärkten die FPÖ und wirken bis heute im alpinen Eurohass nach. Mal ab von der Frage, wie empört Europa damals und wie devot es jetzt reagiert. Auch Putin war nie so mächtig, die russische Opposition nie so geknebelt wie unter den Sanktionen seit der Ukraine-Eskalation. Zudem: Erdoğans entscheidender Verbündeter steht frühestens Mittwoch früh fest, und mit Pech ist es ein Irrer, mit Glück eine Imperialistin. Fazit: Erdoğan schaden heißt die Türkei lieben. Tut ihm nicht den Gefallen, ihn zu dämonisieren, der ist schon von allein doof. Erdoğans paranoider Größenwahn, persönlich wie auf ein neues Osmanisches Großreich projiziert, wird scheitern. Dagegen hilft vor allem das, was wir nicht haben, schon klar: Zeit.

Man könnte die Beziehung Tuchel/Aubameyang auch noch mal separat als Der Supernanny vermarkten

Das Pariser Klimaabkommen ist in Kraft getreten. Müssen wir jetzt alle Veganer_innen werden und Elektroautos fahren?

Eine Tücke des Deals mag sein, dass es kleine, nahe Ziele gegen große, ferne tauschte: 2050, wenn „Paris“ liefern muss, wird die Unterzeichnergeneration sich unauffällig vom Unfallort entfernt haben. Also ja, Elektroauto, Bahnfahren, und leckeres Kürbiskernknäcke mit Käse, genau mein Ding. Oder sagen wir mal so: Kann ja sein, dass wir noch stets im Schockvakuum hinter Hiroshima und Nagasaki leben – kann aber auch sein, dass die Menschheit tatsächlich ein Stadium kollektiver Lernfähigkeit erreicht hat. So, wie eben keine weiteren Atombomben als Kriegswaffen eingesetzt wurden bisher. Man wagt es kaum, uns so viel Vernunft zu attestieren. Aber …heimlich! … kann man doch mal dran zu glauben versuchen.

Offenbar hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die EU-Kommission bezirzt. Die Pkw-Maut könnte doch kommen. Guter Mann?

Keine Namenswitze. Auch nicht den mit „Mischung aus Dobermann und Rindviech“. Dobrindts Modell sähe vor, dass etwa ein deutscher CO2-Stinker die Maut zurückerstattet bekäme, während ein ausländischer E-Mobilist latzen müsste. Das kommt dabei raus, wenn man sich jahrelang hinter Merkel versteckt und die junge Generation das Rechtspopulieren komplett verlernt, CSU! Immerhin hieß das Ding am Anfang „Ausländermaut“ und war der verquaste Versuch, irgendwie auch mal was zu verzapfen, sas deutschnational aus dem Stiefel mieft. Die EU hat abgenickt, dass umweltschonende Autos begünstigt werden – Merkel hat versprochen, dass keiner mehr belastet wird. Und, ach so – Merkel hatte im TV-Duell auch versprochen, dass die Pkw-Maut mit ihr gar nicht käme. Das Charmanteste aus CSU-Sicht mag sein, dass, was auch immer passiert, Merkel mindestens ein Versprechen brechen wird.

Und was machen die Borussen?

Man könnte die Beziehung Tuchel/Aubameyang auch noch mal separat als „Der Supernanny“ vermarkten.

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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1 Kommentar

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  • Zitat: "Das staatliche Modell nimmt also das Geld vieler, um einige kulturell glücklich zu machen. Das kapitalistische hingegen nimmt die Kultur vieler, um einige finanziell glücklich zu machen. Hm, ich wusste, dass ihr euch einen geilen Zusammenhang ausgedacht hattet bei der Frage!"

     

    Pest oder Cholera also mal wieder. Man hofft, von beidem – im Sinne einer Impfdosis – gleichzeitig gerade so viel, dass man es, leidlich aufgepept auf Seiten des Immunsystems, gut überlebt. Sonst droht der Exitus: Hat man das eine endlich überstanden, ist man derart geschwächt, dass man am anderen garantiert verreckt.

     

    Apropos Merkel: Wir sollten sie nicht dämonisieren. Sie ist gestraft genug mit ihren Partnern und sich selbst. Ihr zu schaden hieße unter den gegebenen Bedingungen lediglich, Deutschlands miefende Armeestiefel und seine gentechnisch produzierten Dobermann-Rindviech-Kreuzungen zu hätscheln. Wer (heimlich) daran glaubt, dass eine – unsichtbare – Mehrheit tatsächlich ein Stadium kollektiver Lernfähigkeit erreicht hat, darf ruhig etwas Menschenliebe wagen. Das täte immerhin der eignen Seele gut.