Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Politisches „besoffen übern Platz Randalieren“, eine Oettinger-Internet-Standspur und Warten auf die Meeresfrüchte-Studie.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bayern in Frankfurt.
Und was wird besser in dieser?
Wenn Bayern diese Saison noch fünfmal nach Frankfurt muss, wird es wieder spannend.
Rotes Fleisch ist krebserregend laut WHO, werden Sie jetzt Vegetarier?
Ich warte auf die große Meeresfrüchte-Untersuchung mit der Schlagzeile „Krebs macht Krebs“.
China beendet die Ein-Kind Politik. Geht in neun Monaten die Welt unter?
„Kleine Kaiser“, also überforderte, überförderte niedliche Soziopathen sollen bei dem barbarischen Regime entstanden sein, das chinesische Wort für Hubschrauberelternkinder offenbar. Wie es insgesamt China mit maximalem Druck zum gleichen Ergebnis brachte wie Deutschland mit größtem Individualismus: Die beiden Länder rangeln um die schlechtesten Plätze in der Geburtenstatistik. Und beschwören dieselben Gefahren: Überalterung, Arbeitskräftemangel. Deutschland behilft sich mit Flüchtlingen, und bevor das missverstanden wird: Nein, ich möchte nicht, dass stattdessen Pegidisten ihre Geburtenrate erhöhen.
Nun ist auch der Iran im Boot, um Assad zu beseitigen. Ist der Krieg in Syrien bald vorbei?
Eher nimmt Iran teil, damit Assad noch da ist, wenn der Krieg vorbei ist. Die USA sehen ein, dass sie mit den Russen reden müssen; die sunnitischen Saudis lassen endlich die schiitische Regierung aus Teheran mitreden. Ganz sicher war jeder der 17 Teilnehmer in Wien der festen Überzeugung, der einzige Nichtschurke am Tisch zu sein. Dafür ist das Ergebnis achtbar.
Sigmar Gabriel will 2017 Kanzler werden. Schafft er das?
Wenn der Umbau der GroKo in einen Swingerclub weiter so gut läuft: ja. Die Union ist mit einem Ein-Wort-Programm unterwegs, und das Wort heißt: Merkel. Mit Atomausstieg, Offene-Arme-Gesten und einer Restpolitik aus Saisongemüse gäbe sie eine ordentliche SPD-Vorsitzende ab inzwischen. Gabriel hingegen muss den Vorwurf der Behutsamkeit nicht fürchten. Seine TTIP-Politik und sein Talent zum Synchrontorkeln bei der Flüchtlingspolitik sind nicht schlimmer als das, was die Union im Herzen trägt. Kurz: Gabriel hat sich diese Woche das Recht gegrabscht, gegen Merkel zu verlieren. Merkel wiederum hat ein ganz starkes Argument für ihre nächste Kandidatur: Gabriel.
De Maizière sagt, es sei genug Entwicklungshilfe nach Afghanistan geflossen, jetzt könne man die Flüchtlinge auch wieder dahin zurückschicken. Guter Mann?
Deutschland solle „Weltpolitik nicht mehr nur von der Außenlinie kommentieren“, läutete Außenminister Steinmeier die neue Epoche ein. Von „besoffen übern Platz randalieren“ hatte er nichts gesagt. Deutschland, so auch Gauck, von der Leyen, Merkel, solle „Verantwortung übernehmen“. Mit Kriegseinsätzen und hinterher nicht weiterwissen hat sich Deutschland an der Verantwortung übernommen. Vielleicht informiert sich de Maizière zunächst bei der US-Luftwaffe, welche Entwicklungshilfe-Krankenhäuser sie zu bombardieren gedenkt, bevor er Leute dorthinein abschiebt.
Wie netzneutral bewegen Sie sich eigentlich im World Wide Web?
Werde meinen zuständigen Nerd fragen, ob die Oettinger-Standspur überhaupt noch langsamer sein kein, als mein Schrottrechner an sich schon ist.
Der ehemalige Opel-Chef wird Chefstratege bei VW. Auf- oder Abstieg?
Aufstieg. Bei Opel war Thomas Sedran gerade kurz genug, die Werkschließung in Bochum zu vollstrecken, dann wurde er seitwärts geparkt und kündigte. Auch Verfassungsrichterin Hohmann-Dennhardt kam von Daimler zu VW, wo sie sich um „Compliance“ kümmert. Wolfsburg verstärkt sich im Abstiegskampf.
Die Zahl der Arbeitslosen ist so niedrig wie seit 24 Jahren nicht mehr. Gute Zeiten für die ganzen Flüchtlinge, die nur kommen, um uns die Jobs wegzunehmen?
Die bemerkenswert aufgeschlossene Reaktion der Industrieverbände darf man sich getrost so erklären. Einfach mal ein bisschen Druck auf Löhne und Arbeitsmarkt bringen. Lustig auch die Wirtschaftsesoteriker vom Schlage Hans Werner Sinn, die wegen der Flüchtlinge Mindestlohn und Rentenalter schleifen wollen. Ohne Flüchtlinge fordern die das Gleiche.
Und was machen die Borussen?
Zum anstehenden Derby gegen eine Auswahl aus Gelsenkirchen fordert die Polizei, weniger Gästekarten zu verkaufen und deren Reise zwangsweise zu organisieren. Woraufhin sich Dortmunder mit Gelsenkirchener Fans solidarisieren. Echt ein Stück weit respektieren. Lieb haben. Da ist die Polizei wirklich zu weit gegangen.
FRAGEN: MAHA
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