Die Woche: "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch"
Über Frau Steinbach, einen gewissen Herrn Blender - und das nahende Ende aller Hiobsbotschaften.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Friedrich Küppersbusch: Frau Steinbach bewirbt sich um Vertreibung aus der Stiftung.
Was wird besser in dieser?
RyanAir plant Münztoiletten an Bord! Ralle kann unterwegs wieder rauchen! (Gegen Aufpreis, vermutlich)
Die US-Wirtschaft ist um 6,2 Prozent geschrumpft. Das ist der schlechteste Wert seit 25 Jahren. Wann ist endlich Schluss mit Hiobsbotschaften?
Wenn die Staatskohle alle ist. Man müsste als Unternehmer und Manager doch bescheuert sein, wenn man heute zugäbe : Uns gehts okay. Hey … und haben wir das nicht die letzten 30 Jahre gefordert: weg mit der umweltfressenden menschenverachtenden Industrie? Warum zum Teufel gucken wir auf die Lage nicht als großes Platzschaffen für die bessere Wirtschaftsweise, die besseren Produkte? Hier in Dortmund ist bitter gelernt: Kohle, Stahl - weg und vorbei. Heute sind wir größter Versicherungsstandort Deutschlands und die Uni ist ne Feinkostschmiede mit enormer Strahlkraft. Mal ab von unserem guten Aussehen und dem sehr sympathischen Fußballclub: Hier vollzieht sich mit Glück das, was die Ökobewegung allein in hundert Jahren nicht hinbekommen hätte. Zugreifen!
Hessens Ministerpräsident Roland Koch will SPD-Schützling Nikolaus Brender als Chefredakteur des ZDF absägen.
Habe unter WDR-Chefredakteur Brender gearbeitet und als unkollegial empfunden, dass er Politikerbeschwerden gegen unsere Sendung stattgab, ohne mit uns als betroffener Redaktion gesprochen zu haben. Einem eher bizarren Wunsch Schröders, meine Redaktion zu maßregeln, zeigte er sich besonders aufgeschlossen. Dass er später als Erster auf den fallenden Schröder drauftrat, fand ich sehr mannhaft. Von Schröder.
Macht Koch also Parteipolitik, oder ist das Brender-ZDF wirklich schlecht?
Illners Talk und "Frontal" gab es vor Blenders Amtszeit, "ZDF-Reporter" war seine Innovation. In der ARD kamen im gleichen Zeitraum "Hart aber fair", "Will", "Maischberger", "Schmidt" hinzu. "Heute" hat Quotenprobleme - die haben andere allerdings auch. Starke Impulse im ZDF gehen von der konkurrierenden Programmdirektion aus: Um "37 Grad", die Histotainment-Schiene und viele "Abenteuer Wissen"- Produkte werden die Mainzer auch von Privaten beneidet. Dass nun Roland Koch als versierter TV-Kritiker auftritt, könnte Blender retten. Um den Preis, der überparteiliche Lieblingsjournalist von Kurt Beck zu sein. Gratulation!
Morgen entscheidet das Bundesverfassungsgericht über den Einsatz von Wahlcomputern. Warum zählt man nicht einfach weiterhin von Hand aus? Ist das im Superwahljahr zu viel Arbeit?
Nach dem zigtausendfachen Betrug bei der ersten Bush-Wahl hatte ich ein sehr mulmiges Gefühl, in der Wahlkabine nur noch ne Taste zu drücken. Schließlich kommt ja auch nicht jedes Mal ein Aufzug, wenn ich eine Tür weiter auf ne Taste drücke. Der Wahlvorgang verliert seine Nachprüfbarkeit, wenns keine Zettel zum Nachzählen mehr gibt. Ich mache allerdings auch kein "Online Banking" und kaufe nicht im Netz, so einer bin ich.
Beim Flugzeugabsturz in Amsterdam war Twitter mal wieder schneller als die Agenturen. Twittern Sie auch schon?
Nein, bin gerade aufm Klo und gehe dann Hände waschen.
Ab Mittwoch wird in New York City mal wieder über eine Reform des UN-Sicherheitsrats diskutiert. Ist das überhaupt sinnvoll, wenn dessen Resolutionen ohnehin oft wirkungslos bleiben?
Hat irgendjemand überhaupt noch nachgehalten, wie viel die Bush-Regierung den UN schuldig geblieben ist? Obama hat die Chance, die UN wieder ins Recht zu setzen. Die Großmannssucht, mit der Kohl, Kinkel und Rühe nach Somalia drängten, um auch mal für einen Sitz im Sicherheitsrat kandidieren zu dürfen, ist inzwischen in zehn Kampfeinsätzen explodiert. Und? Wir sitzen immer noch nicht drin und wenn, wären wir inzwischen die gleichen Bellizisten wie die, die schon drin sitzen. Was solls.
Der FC Bayern spielt wechselhaft wie selten. Verliert gegen den 1. FC Köln, putzt kurz später Lissabon mit 5:0. Ist Klinsmanns Rotationsprinzip daran schuld?
Mooooment. Köln schlug Bayern 2:1, Bayern wiederum Lissabon 5:0. Das heißt aus Kölner Sicht zunächst mal: Köln schlägt Lissabon indirekt 10:2. Tja. Wir hatten in Dortmund auch so ne Phase, als sich eine heillos überbezahlte Mannschaft nur noch bei großen internationalen Spielen dem nächsten Club empfehlen wollte, daheim gegen Bielefeld dann aber unmotivierten Mumpitz spielte. In der Regel findet das Management, es spare Geld, wenn es dann einen Trainer statt zehn Spieler feuert. Das war in Dortmund allerdings ein Trugschluss.
Und was macht Borussia Dortmund?
Schlug Köln diese Saison 1:0, also rechnerisch Lissabon 20:4. An den vielen Gegentreffern müssen wir arbeiten. Und: Nein, Herr Hoeness, Herr Klopp ist nicht zu kaufen. Servus!
FRAGEN: BJ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren