Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Maschmeyer will Kanzler werden, der Westen keinen Soli mehr, und der Papst reist auf den „Modernisierer-Gipfel“ nach Kuba.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Noch immer keine Gauck-Affäre. Ich langweile mich.
Was wird besser in dieser?
Maschmeyer arbeitet an seiner direkten Kanzlerkandidatur.
Der Westen hat genug vom Soli. Der Osten soll jetzt auf eigenen Füßen stehen. Ist das längst überfällig?
Die Urlaubs- wie Wohlstandsinsel Usedom hat sich mit Transfergeldern fein herausgeputzt. Zur Belohnung liegt die NPD in den „Kaiserbädern“ über 22 Prozent. Dort ist der Soli der Migranten aus dem Ruhrgebiet willkommen, der Migrant selber nicht so. Opel in Bochum wird – aus humorigen Gründen rechtzeitig zur Landtagswahl – mal wieder mit Schließung bedroht. Auch danach würden Bochumer noch Soli zahlen für das thüringische Eisenach, wo Opel weiter produziert. – Die Kaufkraft der Ossis war ein warmer Regen für die Wirtschaft, doch abgeschöpft wurden nicht deren Profite, sondern die Löhne der Arbeitnehmer – eben per Soli. Nun einen West-Soli zu fordern, damit die Gießkanne auch hier mal ordentlich danebenpinkelt, vergrößert das Problem. Es geht um Armutsschwerpunkte, unabhängig von der Geografie. Wenn es die FDP noch gäbe und sie mitregierte, wäre eine so schiefgegangene Steuer undenkbar.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die Innenminister haben die Grundlagen für einen zweiten NPD-Verbotsantrag gelegt. Aber wenn man nur die Symptome bekämpft, ist die eigentliche Krankheit doch nicht geheilt. Was soll das also bringen?
Die NPD hatte Vorläufer und wird, wenn sie endlich weg ist, Nachfolgeorganisationen haben. Man muss allerdings keine Verbrecher frei herumlaufen lassen, weil es morgen wohl auch neue Verbrecher geben wird. Das Verbot ist eine Standortbestimmung der Gesellschaft, eine Handreichung für viele, die wohltönende Werte ins Detail verdolmetscht haben müssen. Zu lernen wäre anbei: Es gibt keine Einweg-V-Leute; die NPD hat die Dienste offenkundig so infiltriert wie diese sie. Und – die Parteienfinanzierung ist kein von Haus aus demokratisches Werkzeug, wenn man damit Undemokraten so schön mästen kann.
Der Attentäter von Toulouse ist tot. Aber wie konnte es passieren, dass jemand, der schon vom französischen Geheimdienst überwacht wurde, trotzdem noch unbehelligt sieben Menschen töten kann?
Öhm? Wie konnte es passieren, dass die französischen Dienste ungefähr so versagen wie die deutschen bei der „Zwickauer Zelle“? Ist das die Frage? Die Union trommelt jetzt wieder für „Vorratsdatenspeicherung“ , oder, sagen wir es altmodisch: den umfassenden Bruch des Briefgeheimnisses. Dann hätten deutsche Behörden künftig die Daten, die ihre französischen Kollegen hatten, als sie die Verbrechen nicht verhinderten.
Der Papst landet heute in Kuba und will dort Gottesdienste halten und Mächtige treffen. Mit Andersdenkenden oder Opfern von Missbrauch durch Geistliche möchte er aber lieber nicht sprechen. Darf er sich das aussuchen, er ist ja nicht zum Spaß dort?
Beim Vier-Augen-Gespräch mit Rañl Castro sitzen 165 Jahre am Tisch. Schon beider Vorgänger, Fidel und Johannes Paul, sollen einander prächtig verstanden haben, die katholische Kirche erreicht nur eine Minderheit der Kubaner, darin kennt das Castro-System sich gut aus. Lasst es uns den „Modernisierer-Gipfel“ nennen und hoffen, dass Raul dem Gast Tipps zur Öffnung eines verknöcherten Regimes gibt.
David Cameron will den Briten höhere Alkoholpreise aufzwängen. Die finden das heuchlerisch, weil er zu Studentenzeiten Mitglied in einem Sauf-Club war. Müssen die britischen Räusche mehr kosten?
Cameron führt „Kriminalität, Gewalt und Überforderung der Krankenhäuser“ als Alkoholprobleme an, selten hört man eine Klassenperspektive so whiskeyklar aus dem Holzvertäfelten gerülpst. Der Plebs schießt sich ab und das Oberhaus sieht sich ästhetisch beeinträchtigt. Die Alkoholkranken und die Umstände, die sie dazu machen, kommen in der Argumentation nicht vor.
Sven Regener lässt im Radiomagazin „Zündfunk“ zum Thema Urheberrecht die Sau raus. Er hat keinen Bock darauf, dass seine Werke gratis sein sollen. Wie sieht’s bei Ihnen aus?
Großen Dank an Regener, er hat z. B. dem Piraten-Funktionär Fritz Effenberger das Tatgeständnis herausprovoziert: „Nur weil jemand Kunst macht, hat er kein Recht auf Geld dafür.“ Das würden nicht mal die großen Medienkonzerne so ehrlich sagen, wenngleich das treffend ihr Geschäftsmodell beschreibt.
Und was machen die Borussen?
… die Karten teuer fürs Pokalfinale. Hat wer welche? FRAGEN: HDL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier