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Die WahrheitGottes martialischer Hooligan

Der misogyne Kampfsportler Conor McGregor gilt unangefochten als unangenehmster Ire der Welt. Willkommen ist er nur noch im Weißen Haus.

E s gibt Unsympathen, und es gibt Arschlöcher. Und dann gibt es noch Conor McGregor, der einen kollektiven Brechreiz auslöst, sobald er irgendwo auftaucht. Er ist irischer Mixed-Martial-Arts-Kämpfer und Ex-Champion im Feder- und Leichtgewicht.

Jetzt hat er plötzlich Gott entdeckt. Nach zwei Wochen Abstinenz von den sozialen Medien war es soweit, der Weg zur Erleuchtung lag deutlich vor ihm. Böse Zungen behaupten, es sei lediglich ein PR-Trick, um seinen ramponierten Ruf wiederherzustellen. Aber das schafft nicht mal Gott.

Wo ist er ihm überhaupt begegnet? Dave Hannigan wies in der Irish Times auf das Matthäus-Evangelium hin. Dort sagt Jesus: „Ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.“ Wenn man daran glaube, und McGregor tue dies offenbar, dann müsse Gott ihm während seiner verschiedenen Aufenthalte im Knast begegnet sein, meint Hannigan.

In Brooklyn hat er eine Nacht in Gewahrsam verbracht, nachdem er im Barclays Center andere Kämpfer angegriffen hatte. In Miami Beach saß er ein, weil er das Handy eines Fans zertrümmert hatte. In Dublin hatte er einen älteren Mann in einem Pub vermöbelt, weil der den Schluck Whiskey abgelehnt hatte, den McGregor ihm aus seinem Glas angeboten hatte. Insgesamt hat McGregor 18 Vorstrafen.

Und er wurde immer wieder sexueller Übergriffe beschuldigt – auf Korsika, in Miami, auf Ibiza und in Dublin, wo er einer Frau Penisbilder geschickt hatte. Zu einer Anklage kam es nie, weil er sich offenbar freigekauft oder die Frauen eingeschüchtert hatte. Erst Nikita Hand ließ nicht locker: Im November 2024 wurde McGregor in einem Zivilprozess der Vergewaltigung schuldig gesprochen. Hands Partner war vor dem Prozess niedergestochen worden, als Angreifer mit Sturmhauben ins Haus eingedrungen waren.

Die Verfahrensgebühren und der Schadensersatz für Hand kosteten McGregor 1,75 Millionen Euro. Schlimmer für ihn war, dass sich seine Sponsoren von ihm abwandten. Und die Supermärkte nahmen seine Bier- und Whiskey-Marken aus dem Sortiment.

McGregor ist aber nicht nur ein Vergewaltiger, sondern er ist auch rechtsextrem und rassistisch, was dazu führte, dass sein Bruder im Geiste ihn zum St. Patrick’s Day vorigen März ins Weiße Haus einlud. Es gibt ein hübsches Erinnerungsfoto von den beiden: Zwei Vergewaltiger Arm in Arm. Allerdings ist nur einer von ihnen Präsident. Der andere ist gescheitert.

In einem Anfall von Größenwahn wollte McGregor bei der Wahl im Oktober nämlich Präsident von Irland werden. Schließlich hatte der Herr ein Wunder vollbracht und ihn geläutert. „Ich bin erlöst“, sagte er im Tonfall eines Fernsehpredigers. Doch die Iren riefen: „Erlöse uns von dem Bösen.“ Und so geschah es. Es fand sich niemand im Parlament oder in den Bezirksverwaltungen, der seine Nominierung unterstützen wollte. Halleluja!

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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