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Die WahrheitKackplan mit Tonnen von Dung

Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung (225): Ein höchst realistisches Szenario eines Elefantenansturms in Deutschland.

Grundsätzlich könnte jeder und jede hierzulande Elefanten als Haustiere halten: wie süß Foto: AP

Über Botswana erfährt man meist nur etwas, geht es um Elefanten. Dort leben mehr als 200.000 dieser Dickhäuter – rund ein Drittel aller Elefanten Afrikas. Der WWF meldete: „2020 starben 350 Elefanten in Botswana. Sie wurden nicht von Wilderern getötet, denn ihnen fehlten keine Stoßzähne.“ 2021 berichtete netzfrauen.org: „In Botswana dürfen in den kommenden Monaten 287 Elefanten legal getötet werden. Die Trophäenjäger kommen aus der ganzen Welt. Obwohl der KAZA-Nationalpark, die weltweit größte Zone für Naturschutz und Ökotourismus, vor etwa zehn Jahren mit 50 Mil­lio­nen Euro deutscher Finanzierung ausreichend Platz für Elefanten bieten müsste, werden Hunderte Elefanten entweder verkauft oder wie in Bots­wa­na von Trophäenjägern er­schossen.“

Im Jahr 2023 beabsichtigte die Bundesregierung, die Einfuhr von Jagdtrophäen ­geschützter Arten einzuschränken und teils sogar gänzlich zu verbieten. 2024 kam heraus, dass das Sterben der 350 Elefanten in Bots­wa­na auf eine Blutvergiftung zurückzuführen sei, verursacht durch Bakterien. Die Forscher vermuten, dass Stress aufgrund von Hitze und Trockenheit zu diesem Ausbruch beigetragen hat. Ebenfalls 2024 berichtete der Spiegel: „Wegen der anhaltenden Dürre ergreift die Regierung in Simbabwe eine umstrittene Notfallmaßnahme. Sie will Elefanten jagen, um den Hunger der Bevölkerung zu mildern.“

Weil die deutsche Beschränkung der Trophäeneinfuhr in Botswana zur Folge hat, dass weniger Trophäenjäger ins Land kommen, um dort Elefanten zu schießen – einer kostet etwa 70.000 Euro –, ist der Präsident des Landes erbost, denn Bots­wa­na braucht dringend beides: weniger Elefanten und mehr Geld. 2024 verkündete er deswegen, 20.000 Elefanten nach Deutschland zu schicken. Er akzeptiere kein Nein.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) fragte sich: „Könnten 20.000 Elefanten in Deutschland überleben – und wäre dann noch Platz für uns?“ Zunächst stellte die Autorin Miriam Keilbach fest: „Die Elefantenpopulation in Deutschland liegt bisher bei rund 130 Exemplaren, wobei es etwas mehr Asia­ti­sche als Afrikanische Elefanten und deutlich mehr Kühe als Bullen gibt. Die meisten Elefanten finden sich in Zoos, insgesamt halten noch 24 Zoos, Tierparks und Safariparks Elefanten. Hinzu kommt eine Art Altersheim für Zirkustiere, in denen ebenfalls Elefanten unterkommen, beispielsweise im Elefantenhof Platschow und im Erlebnispark Starkenberg.“

20.000 Elefanten würden gemeinsam 3.000 bis 3.500 Tonnen Grünzeug fressen – am Tag!

In Mitteleuropa lebten einst zwar Elefanten, die hiesige Bevölkerung ist aber nicht mehr, wie bei den Wölfen, an sie gewöhnt. Die 20.000 Elefanten würden gemeinsam 3.000 bis 3.500 Tonnen Grünzeug fressen – am Tag! „Grundsätzlich darf jede und jeder in Deutschland Elefanten als Haustier halten – insofern man eine artgerechte Haltung bieten kann“, aber wer kann das schon – außer vielleicht Gloria von Thurn und Taxis.

Aber selbst ihr Landbesitz reicht nicht, stellt das RND fest: „Wir bräuchten ungefähr die Fläche des gesamten Saarlands und des Stadtstaats Bremens, um die Tiere zu beheimaten, wenn sie so viel Platz wie im dicht besiedelten ­Chobe-Nationalpark von Bots­wa­na haben sollten. In deutschen Wäldern wäre ebenfalls Platz: Die Fläche des gesamten Waldes in Bayern ist mehr als doppelt so groß wie der Chobe-Nationalpark.“

Das Grasland müssten sie sich hier mit den anderen Weidetieren teilen, die rund 4,73 ­Mil­lio­nen Hektar haben – circa 18 Mal das Saarland. „Neu überdenken müsste man womöglich auch das Wassermanagement. Ein Elefant trinkt bis zu 150 ­Liter Wasser am Tag“, und da er bis zu 175 Kilogramm am Tag frisst, muss er natürlich auch viel kacken: „Bis zu 20 Mal am Tag scheidet er etwa 100 Kilogramm Dung aus – das wären bei 20.000 Elefanten also jeden Tag 2.000 Tonnen. Aber die gute Nachricht: Elefantenkacke eignet sich perfekt als Dünger, würde unserer Natur also gar nicht so schlecht tun.“

Nur, was machen die Elefanten, wenn es kalt wird? „Sie bekommen schnell Erfrierungen am Rüssel und an den Ohren. Deshalb verbringen sie in Gefangenschaft in Deutschland die Winter häufig in beheizten Ställen.“ Zwar sind sie durchweg friedlich, können gelegentlich aber auch gefährlich werden: „Vor allem wenn die Bullen in der sogenannten Musth sind oder es Konflikte um Futter gibt. Da Elefanten 40 Stundenkilometer schnell rennen können, hilft es wenig, bei einer Begegnung wegzulaufen. Rund 400 Menschen sterben jährlich durch Elefanten.“

Sofortiger Handlungsbedarf

Wenn die 20.000 Elefanten aus Botswana unter uns lebten, bestünde also sofortiger Handlungsbedarf. Die flämische Schriftstellerin Gaea Schoeters hat sich in ihrem Roman „Das Geschenk“ (2025) realistische Gedanken darüber gemacht, was der Regierung in Berlin alles dazu einfallen würde – an Schadensbegrenzung. Wenig!

Zumal die Rechten im Bundestag dem Kanzler ständig vorhielten, dass seine Regierung So­zial­leis­tun­gen kürzt, aber für die Elefanten Unsummen ausgibt, und mit dieser Polemik Punkte bei den Wählern sammelten. Im Jahr zuvor hatte Gaea ­Schoeters bereits einen Roman mit dem Titel „Trophäe“ veröffentlicht, da ging es um Nashörner.

Für die Elefanten, von denen sich viele in Berlin herumtreiben, wo sie in der Spree baden, wird auf die während der Coronapandemie erprobten Maßnahmen zurückgegriffen, wobei der Virologe Drosten diesmal eine Elefantologin ist. Um den Autoverkehr, der wegen der Elefanten immer wieder ins Stocken gerät, zu entlasten, wird das Arbeiten im Homeoffice propagiert. Außerdem werden „Sperrstunden“ eingeführt, und wie beim Flüchtlingsansturm wird nun auch beim Elefantenansturm auf „Wir schaffen das!“ gesetzt, indem die Länder und Kommunen Kontingente übernehmen müssen. Bayern weigert sich wie üblich.

Anders als beim überteuerten Kauf von Masken und Impfstoffen setzt man diesmal auf den lukrativen Verkauf von Elefanten­dung, auch ins Ausland. Das soll Geld in die Staatskasse „spülen“. Es gibt dafür einen „Kackplan“, der sich zwar gut anlässt, aber dann scheitert, weil die Düngerportionen aus Unachtsamkeit Samen der schnell wachsenden Hülsenfrucht Kudzu ent­halten, die nun alles überwuchert. Die Bauern sind sauer und protestieren vor dem Kanzleramt, auch die Abnehmer im Ausland sind erbost und stornieren.

Die Rechten fordern: „Weg mit den Viechern. Zurück nach Afrika.“ Der Kanzler unterschreibt schweren Herzens einen „Drittstaaten-Vertrag“ mit Ruanda, das gegen eine gehörige Summe die Elefanten übernimmt. Dafür wird seine Partei wiedergewählt, und er bleibt im Amt. Getrübt wird sein Sieg nur durch die Presse, die meldet: „Ruanda erteilt erste Jagdlizenzen für Elefanten.“

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