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Die WahrheitHubsis Heimat

Lebenslänglich Bayer: Es ist da täglich einer im Freistaat unterwegs, dessen Qualitäten als Selbstvorzeiger gar nicht genug gewürdigt werden können.

I rgendwo in Bayern in einem Festzelt irgendwas gegen Bürokratisierung und Brüssel sagen. Die Wettbewerbssense schwingen, um unter Beweis zu stellen, dass es keinen besseren Schirmherrn für die Europameisterschaft im Handmähen in Ainring-Thundorf hätte geben können. Den Elixhausener Prangerschützen für ihren Salut danken und irgendwas dazu sagen, wie wichtig die Schützen für und in Bayern sind, und dass auf jeden Fall sie geschützt gehören. Ein Video vom Küchl­backen bei den Landfrauen posten und ein wenig damit angeben, dass man schon 1.000 Stück der schmalzigen Nudeln im Fett gewendet hat.

Zum 70. Jubiläum der Jagdhornbläsergruppe Haßberge aus Burgreppach eine Urkunde entgegennehmen „im ehrwürdigen Gedenken an den Besuch“ und dem Geblase der Bläser lauschen. Den Männern von der Tierpräparation Hemetsberger aus Holzhausen bei Königsberg noch schnell die Hand schütteln und beim Streicheln eines Jagdhundes bloß nicht vergessen, mit deutlichen Worten die Freigabe der Jagd auf Wölfe zu fordern. Auf die da oben in Berlin und Brüssel mit dem Finger zeigen.

Auf X noch eben gegen diese Verfassungsrichterkandidatin mit dem Doppelnamen ledern, weil es ja nicht angehen könne, dass man den Leuten diese Frau als #bürgerlicheMitte unterjubeln will. Auf der Landesgartenschau in Furth im Wald vier ältere Damen auf einer hölzernen Hollywoodschaukel zum Schaukeln bringen. Dabei Humor und Lebensfreude verbreiten. Das Gleiche auch auf dem Straubinger Gäubodenfest machen, dazu noch Selfies mit feschen Niederbayerinnen für die sozialen Medien.

Beim 32. Bayerischen Böllerschützentreffen der SG Hubertus in Eslarn die Ohren offen halten, wenn zwölf Kanonen und 780 Böllerschützen zeigen, wie laut sie sein können. Die Erhaltung von Heimat und Brauchtum fordern. Zum zehnjährigen Jubiläum eines Hackschnitzelhändlers aus Gesserts­hausen für das CO2-neutrale Verbrennen von Holz aus heimischen Wäldern werben. Nicht vergessen, beim Besuch der Abtei Oberschönenfeld zur Einweihung der neuen Holzheizung das Wort „nachhaltig“ zu verwenden. Eine Brotzeit bei der Landmetzgerei Steinle in Scheppach einnehmen und die Metzgereifachverkäuferinnen mit einer guten Portion Wertschätzung versehen.

Das Pichelsteinerfest in Regen auf gar keinen Fall mit dem Annafest in Forchheim verwechseln. Dort die Kaltblutrösser lobpreisen und die Rosserer ebenso als fleißige Leute feiern wie die Bauern bei der Hauptalmbegehung von Ruhpolding, ohne sich dabei einen Seitenhieb auf Bürgergeldempfänger zu verkneifen. Beim Patronatstag der bayerischen Gebirgsschützen in Lenggries versuchen, auf ebenso viele Fotos zu kommen wie der ebenfalls anwesende bayerische Ministerpräsident. Sich beim Blick auf das offizielle Briefpapier des bayerischen Wirtschaftsministeriums am eigenen Namen erfreuen: Hubert Aiwanger.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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