Die Wahrheit: Mein Leben als Resolution und Gutschein
Machtgeilheit und Eitelkeit sind unter Journalisten, Literaten und Verlegern weit verbreitet. Dann doch lieber lustiger Trash-Hedonismus.
K eine Sorge, das hier wird jetzt nicht der x-te Beitrag zum PEN Berlin und dem Streit um Nahost-Resolutionen. Schließlich bin ich da kein Mitglied und folge auf Insta auch eher DF, was für Deborah Feldman steht, als den israelischen Truppen IDF, freue mich aber auch immer, dass nach den Statusmeldungen der DF, die der Stefanie Sargnagel aus Wien kommen.
Es ist nämlich sehr erfrischend, nach all dem Nachkarten und der schmutzigen Wäsche des Literaturbetriebs und der Pro- wie der Anti-Fraktion einen gesunden Trash-Hedonismus mit Muttern serviert zu bekommen, zum Beispiel von den Weihnachtsmärkten in Paris.
Wobei ich mich frage, warum erstens Machtgeilheit und Eitelkeit immer noch so angesagt sind und erfolgreich. Und warum sich zweitens eigentlich so viele Verleger und Journalisten bei diesem neuen Schriftstellerverband tummeln, haben die keine eigenen Vereine? Oder wie viele Gedichte, Kurzgeschichten und Romane hat „Sprecher“ Deniz Y. – nur das offensichtlichste Beispiel – schon so geschrieben?
Und, dritte Frage, warum überhaupt diese Vereinsmeierei? Es gab Zeiten, da galten Böll und Frisch, Walser und Grass als schlechte Vorbilder, wegen und nicht trotz ihrer permanenten Wichtigtuerei und ihres ständigen Zu-allem-eine-Meinung-haben. Besser man berief sich auf André Breton, der expressis verbis auf Preise und Stipendien verzichtete; aber gut, der hatte auch seinen eigenen Verein.
Oder mit Jewgeni Jewtuschenko, russischer Dichter, der ein brillantes Gedicht über seine Laufbahn als Lyriker schrieb: „Eroberer der Stratosphäre, / Ärzte, von Pest dahingerafft, / sie machten wirklich Karriere, / Ihr Beispiel gibt mir Mut und Kraft. // An sie zu glauben ist mir Ehre, / Ihr Glaube ruft den meinen wach. / Drum mache ich meine Karriere, / indem ich nicht Karriere mach.“
Wobei das alles aus dem letzten Jahrtausend stammt, in dem ich innerlich wohl immer noch hänge. Schließlich, anderes Thema, das ich hier auch ursprünglich bespielen wollte, höre ich immer noch gern Musikkassetten und stelle sie auch mit viel Liebe zusammen, inzwischen mehr für mich selbst als für andere. Wie sonst aber kann ich Beispiele aus den Schallplatten, die ich mir zulege, anderen ans Ohr bringen? Doch der aktuelle Kapitalismus stellt Antriebe und Riemen für Kassettenrekorder nur noch in China und der Türkei her, weshalb ich mittlerweile einen Verschleiß dieser Apparate habe, der ganz schön ins Geld geht.
Neulich habe ich den letzten zur Reparatur gebracht, in Österreich gibt es nämlich einen Reparaturgutschein, mit dem sich die Regierung an Reparaturkosten beteiligt. Kostete trotzdem so viel wie zwei neue Kassettenrekorder aus Billiglohnländern. Und ja, die Riemen sind ersetzt. Dafür fraß das Ding die erste Kassette, und spulen konnte er auch nicht mehr.
Es geht aber auch zu verflixt zu in dieser Welt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!