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Die WahrheitIn politischer Märchenhaft

Wer wandelt denn da durch den großen dunklen Wald? Es sind der Olaf und die Saskia, Hänsel und Gretel auf der Suche nach der bösen Hexe Friedrich.

N eulich war ich zum ersten Mal im Bundestag, ich wollte unserem Parlament bei der Arbeit zuschauen. Alle flanierten an mir vorbei, auch Claudia Roth und Dorothee Bär. Unter dem Eindruck dieses Besuchs hatte ich einen Traum.

Ich schlummerte ein. Nebel. Wald. Stimmen. Plötzlich zwei Gestalten: ein Junge in Lederhosen, ein Mädchen mit Zöpfen, beide aber trugen ein erwachsenes Gesicht spazieren – Olaf Scholz und Saskia Esken, die sangen: „Hänsel und Gretel verirrten sich im Wald, es war so finster und auch so bitter kalt.“ Da war mir im Traum klar, wir waren im Sauerland.

Die zwei gingen, alleingelassen von Vater Gerhard und Stiefmutter Andrea, durch den finsteren Wald. Hänsel Olaf streute gute Absichten auf den Weg, um später wieder zurückzufinden. Gretel Saskia hob die auf, stopfte welche in die Tasche, andere warf sie weg, angeekelt teils oder auch panisch, als habe sie sich verbrannt.

Schließlich standen die zwei plötzlich vor einem Hexenhäuschen. Das sah aus wie das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, nur in klein. Heraus rief die Hexen-Stimme von Friedrich Merz: „Knusper, knusper knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“ Die zwei riefen erwartungsgemäß: „Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!“

Nun sprach die Hexe: „Wenn ihr die Flüchtlingskrise mit den Grünen nicht hinbekommt, werft sie raus, dann machen wir es mit euch.“ Plötzlich verwandelte sich die Hexe Friedrich und rief: „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“

Da fauchte Gretel Saskia: „Du bist ja Friederich, der arge Wüterich.“ Merz war beleidigt: „Das steht im Struwwelpeter, wir hatten uns auf die Märchen der Brüder Grimm geeinigt.“ Darauf Olaf Hänsel selig: „Dann will ich ab nun ein Hans im Glück sein.“

In diesem Moment hörten sie ein Flöten und Pfeifen. Der Rattenfänger von Hameln kam vorbei, es war aber Alice Weidel, die freundlich grüßte und sagte, sie fühle sich wie Alice im Wunderland, und verwandelte sich augenblicklich in die Grinsekatze.

Da erschien auch noch das Rotkäppchen, und das hieß Sahra Wagenknecht. Die war vorher die Prinzessin auf der Erbse und hatte auf der linken Seite so schlecht geschlafen, dass sie nun zusammen mit fünf Zwergen eine neue Partei gründete. Die beiden restlichen Zwerge, Dietmar und Gregor, liefen hinter ihr her und riefen: „Du kannst doch nicht die Mandate mitnehmen. Die Linke ist doch nicht Frau Holle.“

Da lachte der Jäger, und der hieß Oskar Lafontaine. Ich murmelte schlaftrunken: „Da geht doch etwas durcheinander mit den Märchen. Oder bist du etwa der böse Wolf?“ Das Rotkäppchen flüsterte mir ins Ohr: „Ach, seit Oskar 80 ist, diffundiert er zwischen den Märchen unkontrolliert hin und her.“ Dann sah sie Zwerg Gregor lange an: „Ach, wenn du nur fünf Jahre jünger wärst als Oskar.“ Gregor rief: „Ich bin fünf Jahre jünger als er.“

Ich erwachte schweißgebadet und habe seither Sahras Flüstern im Ohr. Als Echo höre ich ständig: „Oskar, Oskar …“

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Bernd Gieseking
Der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking steht seit über zwanzig Jahren auf der Bühne. Er schreibt Kolumnen für die »Wahrheit«-Seite der »taz«, Kinderhörspiele für den WDR Hörfunk sowie Bücher – und die am liebsten über Finnland: »Finne Dich Selbst!« und »Das kuriose Finnland-Buch«, alle erschienen im Fischer Verlag. Wenn er nicht schreibt, dann tourt er mit seinen Kabarettprogrammen »Gefühlte Dreißig«, »Finne Dich Selbst!« sowie - jeweils in den Wintermonaten - mit seinem alljährlichen satirischen Jahresrückblick »Ab dafür!« durch die Republik.
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