Die Wahrheit: „Schule macht blöd“
Osmose in der Raucherecke – das exklusive Wahrheit-Interview mit der deutschen Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).
taz: Frau Minister, können Sie uns möglicherweise erklären, warum die Kinder hier in Deutschland nicht mehr zur Schule gehen müssen?
Bettina Stark-Watzinger: Kann ich, aber soll ich auch?
Ich bitte darum.
Weil Schule blöd macht, und ich mag keine blöden Leute.
Darf ich fragen, inwiefern Schule blöd macht?
Ist diese Frage ernst gemeint?
Nein, war nur Spaß. Aber jetzt mal im Ernst.
Also: Haben Sie schon mal die Oberfläche eines Kegels berechnet?
Das mache ich jeden Morgen vor dem Frühsport.
Okay, so kommen wir nicht weiter. Was ist mit dem Satz des Pythagoras?
Den kann ich. Aber ich verwechsle den ständig mit den Binomischen Formeln.
Auch so ein Scheiß. Aber zurück zum Thema. Haben Sie jemals von einer semipermeablen Membran gehört?
Ja klar, das hat doch was mit Osmose zu tun.
Sie sind mir ja eine richtige Neunmalkluge.
Jetzt dreh ich den Spieß aber mal um! Haben Sie jemals von Frank Zappa gehört?
Dieser kleine Krawallbruder aus der Fünften?
Äh, nein?!?
Was wollen Sie eigentlich von mir?
Gibt es hier eine Raucherecke?
Ach so, nochmal zurück zu den Kindern: Wenn die zur Schule gehen müssen, verblöden sie.
Ich?
Nein, die Kinder.
Ach so.
Dreckssäckin!
Wie bitte???
Oh, Verzeihung, da ist es grad etwas mit mir durchgegangen.
Warum?
Als ich noch ein Kind war, da hatte ich Schulprobleme.
In Mathe oder Reli?
In Sachkunde.
Was ist das denn?
So was Ähnliches wie Sozialkunde. Aber das hat mir keinen Spaß gemacht. Turnen, Handarbeit und Geisteswissenschaften fand ich auch blöd.
Mögen Sie Tiere?
Geht so.
Ich finde Spinnen gespenstisch.
Haben Sie eigentlich studiert?
Ich? Ich will Ihnen mal was sagen: In Usbekistan sagt man: ‚Wer heute keine Rosen sät wird morgen keine Tulpen ernten‘.
Ach? So sagt man also in Usbekistan? Das glaube ich einfach nicht.
Du bornierte kleine Lackäffin.
Wie bitte?
Verzeihung, ich hab mich verschluckt.
Kann schon mal passieren.
Wissen Sie, was mich am meisten quält?
Die Kleiderordnung?
Auch. Aber noch mehr quält mich mein schlechtes Gewissen.
Aber warum haben Sie denn ein schlechtes Gewissen?
Darf ich Ihnen ein Geheimnis anvertrauen?
Nur zu.
Eigentlich will ich es Ihnen gar nicht anvertrauen, aber es muss irgendwie raus.
Worum geht es denn?
Erinnern Sie sich noch an die Analytische Geometrie in vektorieller Darstellung?
Das Zeug, bei dem man eh nie die Chance hatte, das irgendwie zu kapieren?
Ja, genau!
Meine Erinnerung daran ist glücklicherweise komplett ausgelöscht, wie Ihnen mein Presseteam, mein Mann, mein Gemüsehändler und meine zwei Töchter bestätigen werden.
Ich bedanke mich für dieses schonungslose und längst überfällige Gespräch.
Selber Lackaffe.
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