Die Wahrheit: Die Schnabeltratte
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über ein sagenhaftes Tier erfreuen.
Ein Haustier, das ich niemals hatte,
war meine liebe Schnabeltratte.
Sie war ein Jahr mein ganzes Glück,
dann lief sie weg, kam nie zurück.
Von mir erdacht und drum besessen,
wurd sie geliebt – und dann vergessen.
Als nochmals sie erinnert war,
unfassbar, war sie nicht mehr da.
Ich suchte lang die Schnabeltratte,
so treu, mit Hork und Binz und Flatte,
dann sah ich’s ein, fiel’s mir auch schwer:
Selbst vorgestellt gab’s sie nicht mehr.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
Nicki Müller
Vielleicht besteht die Schnabeltrasse
aus Tieren, die Herr Ringelnatz
beschreibt nach ihren einzelnen Rassen
mit seinem einzigartigen Wortschatz.
--
Tierschutz-Worte
-
Seien Sie nett zu den Pferden!
Die Freiheit ist so ein köstliches Gut.
Wie weh Gefangenschaft tut,
Merken wir erst, wenn wir eingesperrt werden.
-
Seien Sie lieb zu den Hunden!
Auch zu den scheinbar bösesten.
Kein Mensch kann in Ihren schlimmen Stunden
Sie so, wie ein Hund es kann, trösten.
-
Gehen Sie bei der Wanze
Aufs Ganze.
Doch lassen Sie krabbeln, bohren und graben
Getier, das Ihnen gar nichts entstellt.
-
Alle Tiere haben
Augen aus einer uns unbekannten Welt.
-
Kochen Sie die Forelle nicht
Vom Kaltwasser an lebendig!
-
Auch jeder Gegenstand hat sein Gesicht,
Außen wie inwendig.
Und nichts bleibt vergessen.
-
Die Ewigkeit, die Unendlichkeit
Hat noch kein Mensch ausgemessen,
Aber der Weg dorthin ist nicht weit.
-
Suchen Sie jedwede Kreatur
In ihr selbst zu begreifen.
Jedes Tier gehorcht seinem Herrn.
-
Sich selber nur
Dürfen Sie – und sollen es gern –
Grausam dressieren (die Eier schleifen).
--
Joachim Ringelnatz (1883 - 1934)
--
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Wo ist eigentlich Ringelnatz1
Martin Rees
@Nicki Müller Ein schönes Ziel ist ein Wortspiel/
Mit dem Wortschatz von Ringelnatz./
Die Fantasie vergaß er nie,/
Noch immer spricht aus manch Gedicht/
Auch Ironie, so stirbt er nie./
Wohl nur ein Tor ohne Humor/
Kann nicht verstehn, wie wir das sehn./
Lowandorder
@Martin Rees Dieser Frage nachzugehen - ist schon mehrfach & auch entre nous geschehen.
& sodele zum Wortspiel - mal dies Vivil:
Avant-propos
Ich kann mein Buch doch nennen, wie ich will
Und orthographisch nach Belieben schreiben!
Wer mich nicht lesen mag, der laß es bleiben.
Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil
Und jeden andern Gegenstand bedichten,
Darf ich doch ungestört daheim
Auch mein Bedürfnis, wie mir’s paßt, verrichten.
Was könnte mich zu Geist und reinem Reim,
Was zu Geschmack und zu Humor verpflichten? –
Bescheidenheit? – captatio – oho!
Und wer mich haßt, – – sie mögen mich nur hassen!
Ich darf mich gründlich an den Hintern fassen
Sowie an den avant-propos.
www.thokra.de/html/ringelnatz_4.html
& dort ooch scheh =>
tazelwurm.de/
Martin Rees
EINE(R) MACHT NOCH KEINE ART,
EINZELN KEINE ZUKUNFT HAT
/
Wer taugte doch zum Fliegen nix?
Es war wohl Archäopterix.
Und ebenfalls sicher kein großer
Läufer ist der Quastenflosser.
Hybride: Wirken sie als Brücken,
Als Missing Link füllen sie Lücken.
Die Tier-Kreation im Gedicht
Steht sicher sehr gut zu Gesicht
In unsren wechselhaften Zeiten,
Die mir schon auch Sorge bereiten,
Allen, die nicht allein dran denken,
"Der liebe Gott wird es schon lenken",
Denn mit der Hitze droht der Tod,
Der ganze Fauna schon bedroht.
Wir könnten damit adressieren,
Dass wir permanent grad verlieren,
Auch wenn wir jetzt nur noch zuwarten,
Tagtäglich Hunderte an Arten.
Da wir doch Schöpfer wohl nicht werden,
Braucht es, um hier alsbald auf Erden
Zu schaffen eine Klimawende:
Für "Fossile" ein (!)nahes Ende.
Gibt es nur noch ein Tier pro Art,
Der Artenschutz ein Ende hat.
Insofern war das Schicksal klar,
Die Schnabeltratte in Gefahr!
Könnten wir Jan-Eike belohnen,
Indem wir Schnabeltratte klonen?
/
März 2023, MR
//
taz.de/Tiere-klone...terhaltung/!540735
95820 (Profil gelöscht)
Gast
@Martin Rees „Allen, die nicht allein dran denken, ‚Der liebe Gott wird es schon lenken‘ ",
Der „Liebe Gott“ ist in Pension.
Stattdessen wirkt Evolution.
Und weil die nix auf Lager hatte,
erschuf Poet die Schnabeltratte.
Jetzt fragt sich: „Wie vermehrt sich die-
se Ausgeburt der Phantasie?“
Nun, als Hybrid, das ist ja klar,
ist sie auf Dauer unfruchtbar.
Ob Plural oder Singular,
hier zeigt sich wieder wunderbar:
Der Morgenstern ist wandelbar.
Oft geht er erst am Abend auf.
Dann nimmt die „Venus“ ihren Lauf.
Erato helfe den Poeten.
Beim Reimen und beim Verse kneten.
de.wikipedia.org/wiki/Erato
Martin Rees
@95820 (Profil gelöscht) Das Mondschaf hat sehr wohl erkannt,
Ein Kreativ-Job ist vakant,
Es versagt zwar Evolution,
Aber es gibt Koalition.
Die Ampel hat was auf dem Plan,
Was Hybride wohl retten kann.
95820 (Profil gelöscht)
Gast
@Martin Rees Koalition statt Evolution?
Wer braucht das schon?
Hybris und Hybride. –
Wo bleibt da das Solide?
In Hybride steckt The Bride -
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Soll ich noch weitre Verse brüten?
Bald kommt ein Hund und wird mich hüten.
„Das Unbeschreibliche, hier ist’s getan,
Das Ewig Weibliche zieht uns hinan.“
(Goethe - Faust. Am Ende)
Martin Rees
@95820 (Profil gelöscht) Gemeint war meinerseits damit:
Auch E-Fuels retten den Hybrid,
Selbst Phaeton fährt noch mit dem Sprit,
Der für's Klima ist Dynamit.
Martin Rees
@Martin Rees Die E-Fuels sind auch ein Behelf,
Um weiter mit viel Speed zu sausen
Mit Boliden aus Zuffenhausen,
Wie Lindner mit 911.
//
taz.de/Position-zu-E-Fuels/!5869748/
//
Wo Phaeton schon den Kurs verlor,
FDP-Chef ist auch davor,
Es singt im Schauspiel schon der Chor:
"Bolide wird zum Meteor"
95820 (Profil gelöscht)
Gast
@Martin Rees Welch ein Stichwort.. Hybrid und Hybris. Sag ich doch.
„Hier ruht Phaethon, der Lenker des väterlichen Wagens; zwar konnte er ihn nicht meistern, starb aber, nachdem er Großes gewagt hatte."
de.wikipedia.org/w...mische_Katastrophe
Lowandorder
@95820 (Profil gelöscht) Däh! Eine Katastrophe! Wollnich.
“Der VW Phaeton hat seine Bezeichnung von der Karosseriebauform Phaeton, die ihre Bezeichnung wiederum vom Kutschentyp Phaeton hat.“
Nicki Müller
Hierzu fällt mir spontan ein
von Christian Morgenstern ein Reim:
Der Nachtschelm und das Siebenschwein
oder Eine glückliche Ehe
--
--
Der Nachtschelm und das Siebenschwein,
die gingen eine Ehe ein,
o wehe!
Sie hatten dreizehn Kinder, und
davon war eins der Schluchtenhund,
zwei andre waren Rehe.
-
Das vierte war die Rabenmaus,
das fünfte war ein Schneck samt Haus,
o Wunder!
Das sechste war ein Käuzelein,
das siebte war ein Siebenschwein
und lebte in Burgunder.
-
Acht war ein Gürteltier nebst Gurt,
neun starb sofort nach der Geburt,
o wehe!
Von zehn bis dreizehn ist nicht klar; -
doch wie dem auch gewesen war,
es war eine glückliche Ehe!
95820 (Profil gelöscht)
Gast
@Nicki Müller „Hierzu fällt mir spontan ein…“
Ich brauch' mehr Zeit, spontan zu sein.
Drum humple ich oft hinterdrein.
.
Lowandorder
@95820 (Profil gelöscht) Das aber - gelingt grandios.
Denn. Schlaflos - zog ich mir
Erato (griechisch Ἐρατώ Eratṓ, deutsch ‚die Liebevolle, die Liebliche‘; Betonung auf der ersten oder zweiten Silbe, im Griechischen auf der letzten Silbe) rein.
Und schlief ob Gedicht & Muse wieder ein! 😴 💤 💤💤 Jedoch & Och!
Der Schlaf
Der Schlaf schickt seine Scharen in die Nacht,
Unholde, Legionen auf Legion...
Vom Rücken schleichen sie ihr Opfer an,
auf leisen Tatzen, und umarmen es,
wie Bären, unentrinnbar und geräuschlos, -
bis alle Muskeln ihm erschlafft, und stumm
von ihrer Brust der Leib zu Boden rollt...
Und wenn so alles hingebettet liegt,
so traben sie zu ihrem Herrn zurück,
und ihr Gebrumm erfüllt wie dumpfer Donner
die düstren Waldgebirge seines Reichs.
& doch jedoch -
Heureka. Gewecket von uns Venus Morgenstern 🌟
Das hab ich ganz besonders gern.
Mit sojet klein Gerank & früh⏰
Dem Dichter 🌜🐏 sei Dank - Shure.
gedichte.xbib.de/m...37.+Der+Schlaf.htm
Lowandorder
@Nicki Müller Das liest sich fein.
Da fällt mir ein -
Wie wunderbar -
Was hück vor dem Morgenstern so war!
Der Zwölf-Elf
Der Zwölf-Elf hebt die linke Hand:
Da schlägt es Mitternacht im Land.
Es lauscht der Teich mit offnem Mund
Ganz leise heult der Schluchtenhund.
Die Dommel reckt sich auf im Rohr
Der Moosfrosch lugt aus seinem Moor.
Der Schneck horcht auf in seinem Haus
Desglelchen die Kartoffelmaus.
Das Irrlicht selbst macht Halt und Rast
auf einem windgebrochnen Ast.
Sophie, die Maid, hat ein Gesicht:
Das Mondschaf geht zum Hochgericht.
Die Galgenbrüder wehn im Wind.
Im fernen Dorfe schreit ein Kind.
Zwei Maulwürf küssen sich zur Stund
als Neuvermählte auf den Mund.
Hingegen tief im finstern Wald
ein Nachtmahr seine Fäuste ballt:
Dieweil ein später Wanderstrumpf
sich nicht verlief in Teich und Sumpf.
Der Rabe Ralf ruft schaurig: „Kra!
Das End ist da! Das End ist da!“
Der Zwölf-Elf senkt die linke Hand:
Und wieder schläft das ganze Land.“
www.textlog.de/mor...hte/der-zwoelf-elf
Die Schnabeltrasse selbst jedoch.
Lenkt Pegasus zum Brösel Werner doch!
“Der Werwolf hatte auf der Hand fünf Asse.
Jetzt trinkt er aus der Schnabeltasse!“
& Däh - so nicht - Nochn Gedicht! 🙀🥳 -
Der Werwolf
Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!
Der Dorfschulmeister stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:
„Der Werwolf“ – sprach der gute Mann,
„des Weswolfs, Genitiv sodann,
dem Wemwolf, Dativ, wie man’s nennt,
den Wenwolf, – damit hat’s ein End.“
Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.
Indessen, bat er, füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!
Der Dorfschulmeister aber mußte
gestehn, daß er von ihr nichts wußte.
Zwar Wölfe gäb’s in großer Schar,
doch „Wer“ gäb’s nur im Singular.
ff & Rest
Lowandorder
@Lowandorder ff & Rest
Der Wolf erhob sich tränenblind –
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.“
unterm——servíce — 🐺—-
literaturkritik.de...werwolf,23902.html
Martin Rees
ICH SEHE WAS, WAS DU NICHT SIEHST
/
Das Schönste an der Fantasie
Sind Dinge, die es gab noch nie:
Ein Beispiel ist für diese Sache
Auch eine echte Geheimsprache.
Doch dazu sagte Wittgenstein,
Es kann nur etwas Sprache sein,
Gemacht, sich damit auszutauschen,
Ich denk, er tat's etwas aufbauschen.
Als Kind sang ich mein eigen Lied,
Davon ich stets dann doch vermied,
Anderen dies zu übersetzen,
Es sollte niemanden verletzen.
So ist das Ende der Geschicht:
Genauen Text verrat ich nicht.
//
März 2023, MR
//
taz.de/!1295922/
//
taz.de/Buch-ueber-...genstein/!5742200/
Lowandorder
@Martin Rees Danke für den feinen Reigen
Dem ollen Wittgenstein es mal zeigen.
Und danke für den letzten link.
Vom Schirm gerutscht - der kink -
"Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen."
Das mach ja alles sein:
Sie & ich too - & als ander Kinder -
Fanden‘s - als nasepopelnd Finder.
Unser‘s einfach nur flutsch&fein.