Die Wahrheit: Denkmal für eine rothaarige Legende
Wer immer sich noch an die große Leinwandmimin Maureen O'Hara erinnert: Ihr wird in Irland eine ganz besonders ewige Ehrung zuteil.
D er Plan war gut: Glengarriff in der südwestirischen Grafschaft Cork sollte zum Filmzentrum Irlands, wenn nicht sogar Europas werden. Vor 70 Jahren kam „The Quiet Man“ mit John Wayne und Maureen O’Hara in die Kinos – eine romantische Komödie, die in Irland gedreht worden war.
John Ford bekam dafür den Regie-Oscar. Die für ihre roten Haare berühmte Dublinerin O’Hara sagte, es sei ihr bester Film, und das will etwas heißen, denn sie hat in weit über 50 Kinofilmen mitgespielt, darunter Klassiker wie „Der Glöckner von Notre Dame“, „Rio Grande“ und „Unser Mann in Havanna“, wo sie nach dem Dreh abends mit Che Guevara an der Hotelbar Cocktails trank.
Nachdem sie sich von der Leinwand verabschiedet hatte, zog O’Hara nach Glengarriff, bis ihr Enkel sie zu sich in die USA holte, damit er die Erb-Oma im Auge behalten konnte. In Glengarriff fand man, dass man von dem Ruhm des Hollywood-Stars irgendwie profitieren müsste.
Lebensgroß und voll aus Bronze
Schon im Jahr 2015, lange vor ihrem Tod, schmiedeten geschäftstüchtige Dörfler Pläne für ein Maureen O’Hara Legacy Center. Mit dem Geld reicher US-Amerikaner sollten eine Filmschule mit Museum sowie ein Denkmal errichtet werden. Doch die reichen Amerikaner waren knauserig, so dass das Center begraben werden musste. Aber wenigstens bekam Glengarriff eine lebensgroße Bronzestatue der Schauspielerin – jedenfalls vorübergehend.
Dafür baute die Bezirksverwaltung 2018 mitten im Ort eine flache Plattform aus Beton. Die Statue, die auf diese Plattform sollte, wurde von der Künstlerin Jeanne Rynhart geschaffen, die ganz Irland mit ihren Statuen überzogen hatte – nicht immer zur Freude der Anwohner.
Auch die Lokalpolitiker in Glengarriff waren entsetzt, als sie die Statue sahen. Die Filmschönheit sah aus wie Lieschen Müller von nebenan. So schmolz man die Statue stillschweigend ein und suchte einen neuen Künstler. Das Problem war, dass wenig Geld übrig war, denn von den veranschlagten 60.000 Euro war fast die Hälfte für die Betonplattform draufgegangen. Dennoch erklärte sich der lokale Künstler Don Cronin bereit, sich an O’Hara zu versuchen.
Das Ergebnis war niederschmetternd, befand die Öffentlichkeit. In den sozialen Medien fiel man über Cronin her, mehr als 1.000 Menschen gossen ihren Spott aus. „Was für eine Beleidigung, diese furchteinflößende Figur in unsere Mitte zu knallen“, schäumte einer. Ein anderer meinte, sie sehe aus wie eine Todesfee. Zwei Tage später montierte Cronin die Statue eigenhändig ab und ließ sie verschwinden.
Es geht auch anders. In Kells, der Heimat ihres Vaters westlich von Dublin, steht eine Bronzebüste von O’Hara vor einem Supermarkt. Glengarriff hingegen ist wohl der einzige Ort auf der Welt, in dem eine Berühmtheit mit einer Betonplattform geehrt wird. Vielleicht könnte man einen Liegestuhl draufstellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland