Die Wahrheit: Föderalherpes bei der Kanzlerin
Laschet oder Söder? Oder doch lieber scrabbeln? Das große Kandidatenspiel mit Polit-Manno-Meter: exklusiv und wahr.
Um es mal so würdevoll wie möglich zu formulieren: Es ist überhaupt nicht so, als würde der politische Betrieb nix schaffen. So hat sich das Bundesnotbremsenkabinett zusammengesetzt, um in Überlichtgeschwindigkeit neue zusammengesetzte Hauptwörter zu scrabbeln. Diese Woche war doch am 13. April der Geburtstag des Scrabbel-Erfinders, und zu dessen Ehren wurde am Welt-Scrabble-Tag in Berlin eine Runde gespielt.
Unangefochtene Gewinnerin: die Bundeskanzlerin mit ihrer vertikal und horizontal über fünf rote und vier blaue Felder gelegten „Gutebundesinfekionsschutzgesetznotbremsennovellierungsvorlage“. Fantastisch! Eintrag ins „Guinness-Buch der Rekorde“: 15-facher Wortwert und sagenhafte 638 Punkte – auch, weil die anderen nicht so schnell mit dem Rechnen nachkamen. Oder keinen Bock hatten. Oder Atemnot. Es zog ja ein übler Hecht durchs Kanzleramt. Es roch wie bei Altmaier unter der Maske, und viele wollten wohl noch schnell vor die Tür, bevor die Ausgangssperre in Kraft tritt.
Laschet und Söder saßen übrigens nicht mit am Tisch. Länderchefs dürfen auf Geheiß des Robert-Koch-Instituts ab sofort überhaupt gar nicht mehr mitscrabbeln. Frau Merkel hat sich von ihrem Leibepidemiologen Professor Doktor Wieler, Mitglied des 1. FC Köln, ein amtliches Attest ausstellen lassen.
Die Kanzlerin hat Föderalherpes dritten Grades. Eine persistierende, virale Infektion. Ausbruch nur zu vermeiden durch strikte MPK – Ministerpräsidentenkontaktperre. Ganz gutes Wort auch. Muss man sich merken. Bringt, geschickt gelegt, 34 Punkte.
Laschet und Söder hätten aber sowieso keine Zeit gehabt. Sie saßen zeitgleich bei Markus Lanz in der Maske. Der charmante Investigativjournalist führt im Auftrag der CDU/CSU-Fraktion die öffentlichen Vorbefragungen zur Kanzlerkandidatenfindung durch. Das Polit-Manno-Meter misst währenddessen die Vitalfunktionen des repräsentativen ZDF-Durchschnittspublikums, Priorisierungsstufe 1, Ü 80. Die Kandidaten können dabei Bonusspeck ansetzen.
Die endgültige Entscheidung zwischen Laschet und Söder fällt dann jetzt Freitagabend in der ARD-Quizshow „Wer wird denn so was?“ unter der Leitung von Bundeswahlleiter Kai Pflaume.
Die Meinungen sind geteilt. Die einen sagen: „Es bleibt spannend.“ Die anderen: „Das ist doch alles albern.“ Die sollten dann vielleicht lieber scrabbeln.
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