Die Wahrheit: Coronapolizei gestoppt

Rudi, der Blödmann, dreht mal wieder durch und will während der Pandemie chinesische Verhältnisse in unseren Breitengraden.

Corona nimmt kein Ende, der Winter nimmt kein Ende“, brummelte Raimund, „und die Straßen sind nachts so leer, als ob die Apokalypse stattgefunden hätte!“

Da das Café Gum im Lockdown schlummerte und unsere Stammplätze an der Theke leer bleiben mussten, machten wir einen Abendspaziergang durchs Goetheplatzviertel. „Wer weiß“, fuhr er fort, „vielleicht sind wir die letzten Überlebenden, vielleicht sind schon Aliens gelandet, die – aaaah …!“

Ein Schatten schnellte aus einer Einfahrt heraus, und Raimund ließ vor Schreck seinen Becher fallen. „Coronapolizei!“, rief der Schatten: „Ich sehe, hier wird gegen die Pandemiemaßnahmen verstoßen!“ Der Schatten war Rudi, der Blödmann.

„Bist du irre!?“, keuchte Raimund. „Hier wird gegen gar nichts verstoßen! Wir sind zwei Haushalte und halten zwei Meter Abstand. Also spiel dich nicht auf!“

Neulich hatte Rudi erzählt, dass er für die Grünen bei der Wahl zum Stadtparlament kandidiere. Wir wussten, das war der Anfang vom Ende der Partei. Vor allem aber war Rudi noch blöder geworden.

„Ich mich aufspielen?“, grinste er: „Immerhin wird hier verbotenerweise Bier in der Öffentlichkeit getrunken!“ Er zeigte auf den Becher. „Das ist kein Bier, sondern Ingwertee mit Gojibeeren“, sagte Raimund: „Altes chinesisches Rezept zur Stärkung der Abwehrkräfte.“

„Gojibeeren, aha“, sagte Rudi. „Bestimmt auch eine Droge. Ich werd mal bei den Kollegen in China nachfragen.“ Wir seufzten. „Überhaupt werde ich die Zusammenarbeit mit den Chinesen verstärken, sobald ich gewählt bin. Wenn wir die Wohnungstüren von Infizierten zumauern und Quarantäneverweigerer in kleine Einzelzellen in der Taklamakanwüste abschieben würden, hätten wir die Pandemie längst besiegt.“

Ein Martinshorn heulte, und ein Streifenwagen sauste vorbei. Er stoppte ein paar hundert Meter weiter vorm Café Gum. „Jetzt versteh ich!“, rief Rudi: „Dieses Gojizeug ist nur Tarnung! In Wahrheit seid ihr auf dem Weg zu einer illegalen Party im Gum, die man mir aus guten Gründen verheimlicht hat!“

Als wir vorm Gum ankamen, trafen wir Luis, der uns erzählte, dass die Polizisten tatsächlich eine illegale Party auflösten. Petris, der Gum-Wirt, hatte allerdings nichts damit zu tun, denn auch er stand draußen.

„Hast du eigentlich den Ersatzschlüssel noch, den ich dir damals gegeben hab, als du mit deinem Bruder die Klos umgebaut hast?“, fragte er Rudi. „Kann sein“, sagte Rudi, „ich weiß bloß nicht, wo.“ – „Aber jemand anders wusste das“, grinste Luis.

Er zeigte auf die Jungs, die gerade abgeführt wurden, und Raimund spazierte gut gelaunt zu einer Reporterin der Lokalpostille und sagte: „Der große Blonde ist übrigens der missratene Sprössling des Kandidaten da drüben!“, womit er die Einführung von chinesischen Methoden bei den Sicherheitsbehörden und die Selbstzerstörung der Grünen fürs Erste noch mal abwenden konnte.

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Joachim Schulz wurde 1963 an der Nordseeküste geboren und in Regen, Wind und Nebel großgezogen. Er lebt mittlerweile in einer kleinen Welt in der hessischen Provinz, wo unablässig die großen Fragen des Lebens erörtert werden, und ist seit 1996 im Einsatz für Die Wahrheit.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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