Die Wahrheit: Das Horrorkabinett

In Bayern gebe es keine Pro­ble­me, sagen sie. Wenn ein Bayer sterbe und ins Paradies komme, verschlechtere er sich erst einmal. Ein schöner Schmarrn.

Neulich, so ist es mir erzählt worden, hat ein Herr bei der taz angerufen, der an seinem Akzent als Altbayer zu erkennen gewesen sein soll. Was denn bei uns droben in Berlin los sei, wollte er wissen und brachte seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, wie ein Text sich zu einer veritablen Polizeimüllaffäre auswachsen kann. In Bayern kenne man solche Pro­ble­me nicht. Es gebe gar keine Pro­ble­me. Wenn ein Bayer sterbe und ins Paradies komme, dann verschlechtere er sich erst einmal. Ein schöner Schmarrn.

Dann kam der Dienstag, Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der Himmel war weiß-blau gestrichen, und König Ludwig II. hatte extra für diesen Anlass ein Märchenschloss errichten lassen. Schöner kann es im Paradies nun wirklich nicht sein. Moment mal! Im Paradies gibt es doch kein bayerisches Kabinett – möchte ich jedenfalls hoffen. In all der Berichterstattung über das Kutsche fahrende Traumpaar der deutschen Politik ist ein wenig untergegangen, dass die Kanzlerin das, nun ja, Vergnügen hatte, einer Sitzung des bayerischen Kabinetts beizuwohnen. Die Ärmste!

Würde mir dereinst auf irgendeiner Wolke ein Typ wie Joachim Herrmann begegnen, ich würde sofort meine Versetzung in die Hölle beantragen. Der Innenminister mag zwar als Narkotikum bisweilen durchaus nützlich sein, weil er so langsam und monoton spricht, dass man sich nicht wundern würde, wenn er beim Reden einschliefe. Aber Herrmann ist stets hellwach. Coronalockerungen bedeuten für ihn, dass er endlich wieder abschieben kann nach Lust und Laune. Und Bewohner eines Ankerzentrums in Bayern werden das Land, das sie in diese Aufbewahrungsanstalten für besonders unerwünschte ­Zuagroaste gesteckt hat, gewiss nicht als paradiesisch bezeichnen.

Die Hölle auf Erden wird es zwar nicht gewesen sein, was Eltern in Bayern erlebt haben, als man ihnen im Frühjahr gesagt hatte, sie sollten jetzt ihre Kinder gefälligst selbst beaufsichtigen und unterrichten. Aber leicht war das gewiss nicht. Als die Frage aufkam, wie das denn gehen solle, meinte der weithin als talentfrei beschriebene Kultusminister Michael Piazolo, man könne doch in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks auf die bewährten Sendungen des Telekollegs zurückgreifen. Man dankt.

Und dann ist ja da noch dieser Hubert Aiwanger, der Vize vom Söder. Der macht jedem, aber auch jedem, der es nicht hören will, ein O für ein A vor. So wird aus Apfelsaft Opfelsoft, was recht eigentlich ganz niedlich klingen mag, doch von einem Mann stammt, der gesagt hat, Bayern wäre sicherer, wenn jeder anständige Bürger ein Messer bei sich tragen dürfte. Wie er sich das Paradies vorstellt, mag man sich erst gar nicht ausmalen. Wahrscheinlich würde er jedem Engel einen Hirschfänger in die Lederhose stecken. Na, servus!

Es ist ein Horrorkabinett. Und das bayerische Paradies? Es ist die Hölle.

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kari

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