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Die WahrheitOnkel Bonos fliegender Hut

Ralf Sotscheck
Kolumne
von Ralf Sotscheck

Der Sänger der irischen Popkapelle U2 ist gestern 60 Jahre alt geworden. Als selbsternannter Moralapostel ist er schon ein arger Scheinheiliger.

G estern ist Paul Hewson 60 Jahre alt geworden. Sie werden zu Recht fragen: Na und? Hewson ist Weltverbesserer, Möchtegern-Politiker, Sonnenbrillenträger und Sänger der irischen Popkapelle U2. Auf freier Wildbahn nennt er sich Bono. Er hat an seinem Geburtstag einen Spaziergang in Dalkey, seinem exklusiven Wohnort im Süden Dublins, gemacht.

Sein Nachbar ist Matt Damon, der zurzeit im Haus des früheren Formel-1-Rennfahrers Eddie Irvine ausharrt, bis die Coronakrise vorbei ist. „Die meisten Menschen meiden ihn, seit er im Film ‚Contagion‘ die Hauptrolle gespielt hat“, sagt Bono. In dem Film von Steven Soderbergh geht es um eine Pandemie, bei der das Virus von Fledermäusen über Schweine als Zwischenwirt auf den Menschen übertragen wurde. In den USA wurde der rare Impfstoff verlost.

Bono hat sich von der echten Pandemie inspirieren lassen und nach drei Jahren Pause mal wieder einen Song geschrieben. „Let Your Love Be Known“ sei ihm eingefallen, als er sah, wie Italiener wegen der Ausgangssperre gemeinsam auf dem Balkon musizierten. Sein Lied widmete Bono dem Gesundheitspersonal.

Außerdem hat er dem irischen Gesundheitssystem 10 Millionen Euro für Schutzkleidung geschenkt. Eine großzügige Geste? Nicht wirklich. Es ist ein beliebter Trick von Steuerhinterziehern, mit lautem Getöse Geld zu spenden, über das eigentlich der Staat verfügen müsste und entscheiden sollte, wie es verwendet wird. Dass U2 den Sitz der Band in die Niederlande verlegt haben, ist bekannt. Dort zahlt man nur wenig Steuern auf Tantiemen.

Bono hat aber auch Verbindungen nach Litauen. Er war zwar noch nie dort, ist aber Miteigentümer des Einkaufszentrums Aušra nördlich von Vilnius. Das Center ist im Jahr 2007 von der Immobilienfirma Nude Estates mithilfe von Bonos Investitionen gekauft worden. Das Unternehmen war in Malta gemeldet, wo man nur 5 Prozent Steuern auf Profite zahlen muss. Aber selbst das war den Geldsäcken zu viel. So überschrieben sie Aušra 2012 auf die Firma Nude Estates 1. Die sitzt auf Guernsey, und dort zahlt man gar keine Steuern auf Profite.

Bono braucht das Geld. Sein Privatvermögen wird zwar auf 1 Milliarde Dollar geschätzt, aber er gönnt sich gern etwas. So ließ er seinen Hut von London nach Italien nachfliegen – auf einem reserviertem Platz in der ersten Klasse. „Ich danke Irland, dass es mein manchmal onkelhaftes Verhalten hinnimmt.“ Onkelhaft? Der Unterschied zwischen U2 und den Beatles liege darin, dass es Letzteren an spiritueller Tiefe fehle, größenwahnte Bono einmal.

Am Anfang seiner Karriere schlossen sich der selbsternannte Messias und zwei weitere Bandmitglieder der evangelikalen Bewegung Shalom an, die sie aber vor die Wahl stellte: Band oder Bibel. So kann eine einzige falsche Entscheidung weitreichende Folgen für die Menschheit haben.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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2 Kommentare

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  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Der Heiligenschein mancher Leute ist



    nichts anderes als eine Notbeleuchtung.

    © Ernst Ferstl

  • Lieber Ralf...



    " die sie aber vor die Wahl stellte: Band oder Bibel. So kann eine einzige falsche Entscheidung weitreichende Folgen für die Menschheit haben.!"



    ... gerade in "Coronazeiten" ist der Montag Morgen in der TAZ so wichtig.



    Um auf der von die vorgegebenen "musikalischen Ebene" zu bleiben:



    "Und immer, immer wieder geht die Sonne aus...."



    Am Montag Morgen in der Wahrheit!



    .



    Gr Sikasuu