Die Wahrheit: In der Geisterbahn
Nach dem Horror-Unfall eines SUV in Berlin: Der „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt rettet das Auto vor den Latzhosen.
Nachdem in Berlin ein Porsche-SUV mehrere Fußgänger totgefahren hat, kocht die Empörung hoch. Nur gut, dass nun der weise Ulf Poschardt das Wort ergreift, denn in solchen „Zeiten aufschäumender Intoleranz“ sind kühle Köpfe wie seiner gefragt, prädestiniert für den Ausgleich zwischen den Lagern und den gewagten Spagat zwischen Durchgeknalltheit und Wahnsinn. In seiner Welt äußert sich der Chefredakteur ebenso wie im Tagesspiegel, einem Berliner Lokalblättchen, das oft schmerzhaft unbemerkt bleibt von einer überregionalen Öffentlichkeit: „Der SUV kann alle böse machen.“
Leichte Sprache, schwere Meinung – das Rührstück liest sich wie die tägliche „Post von Wagner“ in der Bild. SUVs findet der Liebhaber eleganter Sportwagen tatsächlich auch doof, allerdings nur aus ästhetischen beziehungsweise Platzgründen: „… und wer schon mal in einer schmalen Straße – Vorsicht antineoliberales Feindbild – eine blonde Frau mit Pferdeschwanz und Perlenohrringen alleine in ihrem Mercedes GL gefangen in einer unauflöslichen Verkehrssituation erlebt hat …“
In der Geisterbahn von Poschardts Gegenweltbild möchte man allzu gern mal eine Runde mitfahren: Dort grüßen holzschnittartig aus dem Dunkel die graubezopften und latzhosigen Spaßbremsen, deren größter natürlicher Feind die SUV-fahrende Blondine mit Perlenohrringen ist, auf die sie reflexartig reagieren wie Vampire auf Knoblauch und Kruzifix.
Andererseits kann die Muschi natürlich nicht einparken und muss darauf warten, bis ein Welt-Chef im weißen Porsche daherkommt, um sie aus der buchstäblich verfahrenen Lage zu befreien. Die Welt ist ein Märchen. Hoffentlich kommt der Held noch rechtzeitig, ehe die Freaks die Zentralverriegelung des Panzers aufgebrochen und mit ihren langen Achselhaaren das fein epilierte Fräulein an der nächsten Laterne aufgeknüpft haben. Anschließend machen sie aus ihren Unterarmknochen Speichen, den Ohrringen Fahrradklingeln und der Haut wetterfeste Radtaschen.
Siebzehn Sorten Dinkelbrei
Denn „die mediale Treibjagd hat deutlich gemacht, dass die Autohasser jede Chance nutzen, um blind auf alles zu schlagen, was sie weder kennen noch verstehen …“ Sie kennen zwar siebzehn verschiedene Sorten Dinkelbrei, aber die Marken der Autos, die sie anzünden, können sie nicht voneinander unterscheiden.
Das Ende ist nah: „Der Ton der Autofeinde, der Fahrrad- und Umerziehungsfetischisten legt eine düstere Spur in die Zukunft … Sie mutieren mit Fahrradhelm und der geballten Faust zu einer SUV-Pantomime …“ Das erklärt nun endlich den merkwürdigen Anblick stummer, weiß geschminkter Ökozausel, die mit grimmigen Gesichtern und stets in Vierergruppen vor Schulen und Kitas als Elterntaxi in dritter Reihe parken. Von ihren Schultern herab lassen sie ihre ebenfalls behelmten Kinder, die nächste Generation der Umerziehungsfasch … – äh … fetischisten. Die Zukunft sieht in der Tat düster aus.
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