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Die WahrheitServicehölle Apotheke

Kopfschmerz ist ein feiner Anlass, um eines jener Geschäfte zu betreten, die herrliche Gegenmittel vertreiben. Wären da nur nicht diese Thekenfürsten.

I ch will nicht auch noch in das Horn stoßen, dass wir uns schnurstracks auf den überfürsorglichen Nanny-Staat und die totale Entmündigung zubewegen. Aber was sich seit geraumer Zeit in den Apotheken dieses Landes abspielt, ist für wachsame Bürger unerträglich.

Gerade zum Beispiel wollte ich auf die Schnelle ein Päckchen Ibuprofen erstehen, da ich Sonntag die letzte Tablette aus der Blisterverpackung gedrückt hatte und nun schon wieder ein Wochenende vor der Tür stand. Frohgemut betrat ich also die Apotheke unweit der U-Bahn-Station und sagte mein Sprüchlein auf: Mein Begehr am heutigen Tage sei ein preisgünstiges Päckchen Ibuprofen, und zwar die Vierhunderter, und, ja, bitte in der Zwanzigerpackung.

Der Apotheker in seinem piekfeinen Kittel, laut Namensschild wohl persischer Herkunft, nahm das gewünschte Präparat zögernd aus der Schublade, legte es behutsam vor sich auf seine Seite des Verkaufstresens und schaute mir prüfend in die Augen: „Sie wissen, wie Sie die einnehmen müssen?“ Mir schoss vor Wut das Blut in die Wangen. „Alle auf einmal mit möglichst viel Alkohol runterspülen“, was ich auf diese Frage in letzter Zeit zu antworten pflege, sagte ich dann aus Höflichkeit nicht.

Unbegreiflicherweise sagte ich auch nicht: „Dies ist, lieber Pillenverkäufer, nicht das erste Mal, dass ich in meinem Leben Kopfschmerztabletten hole. Zu Beginn meiner Karriere als Kunde in der Pharmazie griff ich meist zu Acetylsalicylsäure, die auch als ASS oder ‚Aspirin‘ bezeichnet wird. Dann warnte mich mein Hausarzt vor der Arznei, weil sie neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge Magenkrebs erzeuge, und riet mir zu Paracetamol, das aber wenige Jahre später im Verdacht stand, Leberkrebs zu erzeugen, sodass er plötzlich dringend zu Ibuprofen riet. Bin gespannt, wann er mit neuesten Erkenntnissen dazu rausrückt. Wie war noch mal Ihre Frage?“

Das alles sagte ich nicht, sondern nickte folgsam und ließ mir zum hundertsten Mal erklären, mit welchen Getränken und in welcher Dosierung ich das hochriskante Pharmazeutikum einzunehmen hätte, um die gröbsten Gefahren für Leib und Leben auszuschalten. Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, schob der vor innerer Befriedigung glühende Apotheker das Ibuprofen endlich auf meine Seite des Tresens und warf mir zur vollständigen Erniedrigung noch ein Päckchen Papiertaschentücher hin. Ich hingegen trat mit dem festen Vorsatz auf die Straße, diesen Laden nie wieder aufzusuchen.

Meine Vermutung ist folgende: Irgendwann in den vergangenen Jahren müssen sich die Apotheker überlegt haben, dass sie der Flucht ihrer Kunden zu Doc Morris ins Internet nur dadurch Einhalt gebieten können, dass sie ihre exquisite Fachberatung in den Vordergrund stellen und rücksichtslos ihre medizinische und pharmakologische Autorität ausspielen, damit man sie nicht für schlichte Ladenschwengel hält.

Damit könnten sie sich allerdings ins eigene Fleisch geschnitten haben.

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11 Kommentare

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  • Wenn man sich in Erinnerung ruft, wie die taz sonst das "Vorsorgeprinzip" hochhält, bei noch so dünner Studienlage schwerste Gesundheitsgefährdungen durch Pflanzenschutzmittel beschwört (wenn es nicht um die im Biolandbau eingesetzten geht, die gern beschwiegen werden) und eifrig Hochrechnungen über angebliche massenhafte vorzeitige Todesfälle durch Schadstoffe aus Kraftfahrzeugen präsentiert, kann man sich über den Artikel nur wundern. Die schweren und nicht gerade selten auftretenden Nebenwirkungen von Ibuprofen sind wissenschaftlich nachgewiesen und auch in der Packungsbeilage nachzulesen. Es besteht kein Grund, es ins Lächerliche zu ziehen, wenn ein Apotheker seinen Job ordentlich macht und einen Patienten, den er nicht kennt, darüber aufklärt.

    Wieso das Zeug bis zu einem Wirkstoffgehalt von 400 mg pro Tablette nicht verschreibungspflichtig ist, in höheren Dosierungen dagegen schon, erschließt sich nicht. Um eine höhere Dosierung zu erreichen, muss man ja nur einfach mehr als 1 Tablette schlucken.

  • "Bildung ist unentreißbarer Besitz" Menander (342 oder 341 v. Chr. - 291 v. Chr.). Schade, dass Sie diesen Artikel in offenbarer Un-Bildung bzw. Unwissenheit verfasst haben. Warum? Antwort finden Sie an juristischer Quelle unter: www.gesetze-im-int...tro_1987/__20.html. Paart sich Hochmut, wie in Ihrem Fall, Herr Tietze, mit Unkenntnis, entsteht eine brandgefährliche Mischung. Und Hochmut kommt bekanntermaßen vor dem "Fall", Herr Tietze. Der "Fall" könnte z.B. in Ihrem nächsten Ulcus ventriculi liegen. Alles Gute!

  • Herr Tietze, könnten Sie es in Erwägung ziehen, dass der Apotheker verpflichtet ist, Sie zu beraten?

  • Was für ein unfassbar überheblicher Artikel! Ich bezweifle, dass Herr Tietze als "wachsamer Bürger" alle Wechselwirkungen auf dem Schirm hat, die sich bei diversen Arzneimitteln ergeben können. Ganz abgesehen davon, dass er nicht von sich auf andere schließen sollte, die nicht den Hauch einer Ahnung haben, wie sie Arzneimittel einnehmen sollen (nicht als Vorwurf gemeint - dafür gibt es ja den Apotheker). Wie viele "wachsame Bürger" wissen denn z. B. um den Dosierungskorridor bei Paracetamol und würden ohne sachkundige Beratung die Tabletten wie Bonbons lutschen und dann an Leberversagen elendig zu Grunde gehen?

    Hätte Herr Tietze sich ähnlich despektierlich über einen Arzt geäußert, der ihm Hinweise zu gesunder Lebensführung gibt? Dieser Artikel ist dahingerotzt und ein Musterbeispiel linksalternativer Überheblichkeit, nach dem Motto: Ich weiß sowieso alles besser, wozu braucht man Fachleute.

    Dazu passt auch, dass in der ach so auf Toleranz und political correctness bedachten taz dann mal eben noch der Hinweis auf den Apotheker im piekfeinen Kittel mit persischer Herkunft erfolgt - was hat das denn mit der Beratung zu tun?

    Mein Fazit: eine journalistische "Meisterleistung", die man vermutlich bei jeder Schülerzeitung aus Qualitätsgründen abgelehnt hätte.

    P. S. Was mir der Artikel wert war, wurde ich gefragt. Ich kann es genau beziffern: € 0,00.

    • @KritischerLeser:

      Na na. Gerade der völlig überflüssige Hinweis auf „persische“ (nicht mal „iranische“) Herkunft lässr darauf schließen, dass der Autor nicht aus „linksliberaler“ Besserwisser-Haltung schreibt, sondern eher der bürgerlich-piefigen Motzerszene entspringt.

      Ihr Kommentar übrigens auch. Sarrazin lässt grüßen.

  • Die richtige Balance zu finden zwischen "gar nichts fragen, reden, raten" und zuviel ist ein Drahtseilakt, weil Kommunikation mitunter sehr schwierig ist. Arzneimittel können gefährlich sein, auch ein Ibuprofen. Das hängt von der Situation des Patienten ab und z.B., ob er andere Arzneimittel bereits einnimmt. Wenn die nächste Apotheke nicht mehr um die Ecke liegt, alles nur noch online ohne Nachfrage geht, ist das keine Lebensqualität. Die Online-Apotheke belässtigt den Kunden nicht mit Fragen. Der liest sicherlich die überschaubare Packungsbeilage und versteht alles.

  • Ach wie schön ist es doch, Taz-Kolumnist zu sein. Man erlebt etwas, was im Normalfall keinen toten Fisch interessiert und kann daraus noch einen Artikel generieren, der nicht im Entferntesten irgendwie interessant oder witzig ist. Leider hatte auch ich mir bei der Überschrift gedacht, daß es sich eventuell um einen lustigen und/oder erhellenden Beitrag handelt und bin prompt schwer enttäuscht worden.

    Wenn ich in der Apotheke mein Rezept abgebe, fragt man mich kurz, ob ich Bescheid wüßte, was ich dann wahrheitsgemäß bejahe. Danach bezahle ich, bekomme eventuell noch die Apotheken-Umschau, verlasse die Apotheke und fertig ist die Laube.

    Wirkliche Service-Höllen sind zum Beispiel Penny, wo dann bei 12 Kunden schon mal die zweite Kasse geschlossen wird oder Lidl, wo man defekte Ware nicht ohne Kassenbon umtauschen kann, obwohl es sich definitiv um ihre Eigenmarke handelt; vielleicht liegt es ja daran, daß die Mitarbeiter dort defekte Ware aus ihrer eigenen Tasche bezahlen müssen. Wer weiß?

  • Nachtrag, auch Magen und Leber können von Ibuprofen in Mitleidenschaft gezogen werden. Daher rät man zum Magenschutz vor der Anwendung.

  • Warum reagiert Herr Tietze denn nur so empfindlich, wenn ihm jemand für ihn offensichtliche Sachverhalte erklärt? Ist er wohl nicht gewohnt.



    Offenbar greift dieser Umstand Herrn Tietzes Ego so sehr an, dass er sich nur mit rassistischen Metaphern weiterzuhelfen vermag.

  • Zu Ibuprofen, es kann übrigens das Herz schädigen, sie wollten doch eine Info, die sie wohl mal bei ihrem Arzt des Vertrauens auch erfragen können. Also kurz, die meisten frei verkäuflichen Schmerzmittel sind suboptimal. Einfach den Schmerz mal aushalten, oder mit Hausmittelchen, wie Minzöl behandeln, ist gesünder als Chemie bedenkenlos einzunehmen, wenn man nicht darauf angewiesen ist. Nur so eine Empfehlung von einem Nichtapotheker.

  • Meine Güte, Herr Tietze, Ihr Beitrag ist ein Paradebeispiel für Jammern auf hohem Niveau. Es geht Ihnen doch noch gut, Ihr Ibuprofen haben Sie bekommen und das ist doch die Hauptsache. Das kann in diesen Tagen der Versorgungsengpässe und künstlichen Verknappung von Medikamenten nicht jeder Apothekenkunde von sich behaupten.

    In der Stadt, in der ich lebe, gab es zuletzt über mehrere Wochen überhaupt kein Ibuprofen mehr, in keiner einzigen Apotheke! Schlimmer als das ist jedoch, das sogar verschreibungspflichtige Medikamente wie Blutdrucksenker, MAO-Hemmer oder Antidepressiva nirgendwo zu bekommen waren. Können Sie sich vorstellen, was das für all jene Menschen bedeutet, die auf die Einnahme dieser Arzneimittel angewiesen sind? Diese Menschen haben echte Probleme!

    Lassen Sie sich doch mal bei Gelegenheit von Ihrem persischen Thekenfürsten den brutalen Verteilungskampf innerhalb der hiesigen Pharmaindustrie erklären, da lernen Sie nochmal etwas, das Sie nicht ohnehin schon wussten, und können anschließend einen Kommentar darüber veröffentlichen, der den Lesern einen echten Mehrwert bietet.

    Ich warte gespannt :)