Die Wahrheit: Gewalt nach meinem Geschmack
Es gibt gute Gründe dafür, Dinge zu zerstören. Wenn einen zum Beispiel gemeine Gerätschaften in den totalen Wahnsinn treiben…
I ch befürworte Gewalt. Gegen Sachen, versteht sich. Bei Menschen verfahre ich stets nach dem Motto: „Assume ignorance before malice.“ Es erleichtert das Leben, beim Fehlverhalten anderer Leute zunächst Unwissenheit anzunehmen, nicht Bosheit. Nun ist ein Kugelschreiber weder unwissend noch böse, nur leer. Möglicherweise. Wenn ich aber schreibe und schreibe und p ötzli h einz ln B chst ben ums Verrecken einfach nicht aufs Papier wollen, dann, tja dann werfe ich ihn nicht einfach weg. Dann zerbreche ich ihn. Langsam, damit ich es knacken höre.
Ich weiß, das ist schlimm. Und es kommt noch schlimmer. Unlängst versuchte ich, die Karte eines alten Klapp-Handys aufzuladen. Gab fünfzehn Euro aus, nur damit das Gerät meldet: „Karte nicht erkannt!“ Ich also ran an die SIM-Karte, fummelfummel, und sie in einen anderen Slot geschoben. Wieder „nicht erkannt“. Beim Rausholen zerbröselt das Teil, sehr zu meinem stetig sich steigernden Verdruss. Gern würde ich nun die „Hotline“ anrufen. Das geht aber nur mit dem betroffenen Gerät, das leider keine SIM-Karte erkennt und daher nirgends anrufen kann. Das war dann der Moment, in dem ich unter befriedigendem Aufwand von Kraft das Klapp-Handy in der Mitte durchknickte. Herrlich.
Beim Ersatzgerät aus dem Laden für Handys, Ventilatoren und Kiffer-Utensilien handelte es sich um Importware. Nach dem Einschalten tauchten Buchstaben auf, die ich nicht lesen konnte. Griechisch? Kyrillisch? Ich recherchierte etwa zwei Stunden. Inzwischen kenne ich die bulgarische Schrift gut genug, um „Sprache ändern“ lesen zu können. Das Handy entging knapp seiner Hinrichtung, bleibt aber unter Beobachtung.
Ein siebensiegeliges Buch ist für mich auch Bluetooth. Neulich stieg ich mit einem Bekannten auf Mallorca in einen Mietwagen. Der Bekannte wollte bessere Musik hören als mallorquinische Radiosender sie im Angebot haben. Es kostete ihn keine fünf Sekunden, sein Smartphone via Bluetooth mit dem ihm völlig unbekannten System des Fahrzeugs zu koppeln. Ich habe es auch nach Monaten noch nicht geschafft, meinen Computer über Bluetooth mit der Bluetooth-tauglichen Anlage im Wohnzimmer zu verbinden. Weiß noch nicht, welches von beiden Geräten ich zerstören werde.
Anlass für diesen Text ist mein jungfräulicher Laptop. Nach einem Update, um das ich nicht gebeten hatte, läuft. Das. Internet. Sehr. Sehr. Lang. Sa. M. Bringe das Ding zum Experten, der es in Nullkommanix zum Laufen bringt. Alles wunderbar. Zu Hause benimmt sich der Rechner wieder, als hätte er einen Schlaganfall. Der Computer hat fast 900 Euro gekostet. Ich zerbreche also lieber einen unschuldigen Kugelschreiber, sozusagen als Opfer. Und erwäge ernsthaft, auf meine alten Tage ein Informatikstudium zu beginnen, vielleicht ergänzt um eine Lehre als Telekommunikationstechniker.
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