piwik no script img

Die WahrheitScooterman spricht mit Hunden

Kolumne
von Knud Kohr

In der Schweiz geht die Legende, dass Tiere in den berühmten Tagen zwischen den Jahren sprechen können. Scooterman will es deshalb wissen …

G erade eben ist der Scooterman auf seinen Balkon gerollt. Die Fassaden auf der anderen Straßenseite scheinen im Nebel zu liegen. Einem ziemlich hartnäckigen Nebel sogar, den auch ein Vormittag voller Nieselregen nicht vertreiben konnte.

Kennt eigentlich irgendjemand irgendjemanden, der die jüngst wieder vergangenen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr wirklich schätzt? Die Älteren unter der Leserschaft können sich vielleicht erinnern, dass der Scooterman sein Herz mal für eine kurze Affäre an eine Dame aus der Schweiz verlieh. Ohne es wirklich zu merken, wurde aus der kurzen Affäre eine Beziehung von nahezu zwanzig Jahren. Das sei hier aber nur deshalb noch einmal erwähnt, um klarzustellen, warum sich Ihr Autor leidlich auskennt im Glauben und in den Sagen unserer Geld besitzenden Nachbarn im Süden.

Dort nämlich lehren Legenden, dass die Tiere in den Tagen zwischen den Jahren sprechen können. Nun ja. Unten auf dem Trottoir sind zumindest ein paar Hunde zu sehen, die sich scheinbar ignorieren. Vielleicht wird es also mal wieder Zeit, den Standort zu wechseln und näher heranzurollen an die Hunde da unten. Denn womöglich knurren die sich ja unglaublich wichtige Nachrichten zu? Oder tauschen sogar Zettel aus, auf denen Staatsgeheimnisse stehen?

Eigentlich kaum denkbar. Aber andererseits fällt dem Scooterman plötzlich eine Episode ein, die er vor einigen Jahren selbst erlebt hat. Als er noch mit zwei Stöcken etliche hundert Meter weit durch die Gegend marschieren konnte, bis seine Multiple Sklerose ihn erst humpeln und dann stürzen ließ. Da glaubte er noch ernsthaft daran, seine Krankheit irgendwie besiegen zu können. Schon dass er seine beiden Stöcke Lewis und Clark nannte, war eigentlich pure Angeberei. Denn diese zwei Namensgeber leiteten zwischen 1804 und 1806 die erste Expedition quer durch den amerikanischen Kontinent. Also von der Atlantik- bis zur Pazifikküste.

Ob bei der ersten Durchquerung des nordamerikanischen Kontinents ebenfalls solch einen hartnäckiger Nebel herrschte, der sich selbst von stundenlangem Nieselregen nicht auflösen lässt? Wer weiß. Aber eine spontane Recherche auf der Straße vor dem Haus ergab, dass sich die beiden Hunde, die sich dort herumtreiben, normalerweise überhaupt nicht leiden können. Sich sogar Minuten lang anbellen. Heute aber nicht. Jedenfalls, wenn man ihren Besitzerinnen Glauben schenkt.

Sollte das der friedvollen Weihnachtsstimmung geschuldet sein, die auch etliche Tage nach dem Fest immer noch zu spüren ist? Oder ist es ein Nebel im Kopf, der verhindert, dass die Hunde sich attackieren? Ähnlich jenem Nebel, der im Scooterman krankheitsbedingt vor sich hin wabert, sodass ihm partout nicht mehr die Episode aus seiner Vergangenheit einfällt, die er erzählen wollte. Demnächst lässt der Scooterman die zwischen den Jahren sprechenden Hunde die Kolumne übernehmen. Die haben bestimmt einiges aus ihrem Herumtreiberleben zu berichten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Zitat: "Demnächst lässt der Scooterman die zwischen den Jahren sprechenden Hunde die Kolumne übernehmen. Die haben bestimmt einiges aus ihrem Herumtreiberleben zu berichten."

    Welches "Herumtreiberleben"? War nicht die Rede von "Besitzerinnen"? Würden die eine Herumtreiberei von Seiten ihres Besitzes denn tolerieren? Und wenn ja - wie lange?

    Vermutlich ist es doch besser, der Scootermann schreibt selber noch ne Weile weiter. Mehr als zwei an mehr oder weniger langer Leine geführte Hunde hat er vermutlich allemal zu erzählen. Er hat ja schließlich nicht bloß ein Gedächtnis als Mensch, sondern auch eine Fantasie.