Die Wahrheit: Faule Roboter in Raucherecken
KI – jetzt oder nie? Die künstliche Intelligenz wird schon bald sämtliche menschlichen Schwächen übernehmen.
Der Mensch wird immer dümmer und Welt der Dinge um ihn herum immer klüger. Die Dingwelt bügelt mehr und mehr die Defizite des Menschen mit künstlicher Intelligenz (KI) aus. Es gibt „das erste Sofa, das mitdenkt“, was beim trägen Rumhängen nicht gerade allzu schwer scheint. Weiter gibt es intelligenten Klebstoff (Fixo Gum) und intelligenten Knetstoff (Thinking Putty).
Das ist alles im Grunde nichts Neues, denn schon 1954 warb Siemens für seinen Schrankherd so: „Ein ‚denkender‘ Herd? Ja, denn der Siemens-Schrankherd passt auf sich selbst auf. Bei der ‚denkenden‘ Kochplatte können Sie jede Temperatur stufenlos einstellen. Während des Kochvorgangs können Sie sich daher einer anderen Arbeit zuwenden, denn die Kochplatte kocht und denkt für Sie.“ Seit 64 Jahren denken also jetzt schon diese Kochplatten. Da müssen sie ja inzwischen recht weise vom Denken sein.
Wer mit einer denkenden Kochplatte groß wurde, wundert sich nicht über das immer klüger werdende Netzwerk der Dinge. Allerdings verzapft es noch viel Mist. Die digitale Gehilfin Alexa bestellte einmal für ein Kind bei Amazon selbsttätig eine Puppenstube.
Als die lustige Anekdote im Frühstücksfernsehen verbreitet wurde, bestellten zahlreiche weitere Alexas in anderen Haushalten diensteifrig Puppenstuben „en masse“, wie com!professional berichtet. Der dunkle Tiefpunkt der KI unterlief jedoch der Google-Bilderkennung, die zwei dunkelhäutige Personen als Gorillas identifizierte. Der künstliche Rassismus (KR) war geboren.
Intelligente Theke
Doch auch Erfreuliches gibt es zu berichten, in Clausthal im Harz entwickelten Forscher eine „intelligente Theke“ für kleine Gaststätten. Diese werde dem intelligenten Gastronomen mehr Gewinn bescheren, weil das „System immer nüchtern bleibt“, schwärmten die verdienstvollen Tresenforscher. Nun befürchteten skeptische Futurologen, dass die intelligente Theke demnächst von intelligenten Trinkern bevölkert sein wird, die ihren Arbeitsplatz an noch klügere Roboter verloren haben.
Bei einer Umfrage in Betrieben mit neuen Robotern waren erstaunlicherweise 88 Prozent der Befragten mit den maschinellen Kollegen ganz zufrieden. Ja, der Mensch als Mitarbeiter ist ja auch häufig eher lästig. Künstliche Intelligenz bedeutet jedenfalls, dass der Kollege Roboter immer klüger wird. Heißt das aber auch, dass so ein Cleverle intelligente Schwächen kultivieren und darin den Menschen womöglich übertreffen könnte? Wie steht es beispielsweise mit der Faulheit? Werden sich Roboter in Raucherecken „verpissen“? Werden sie nebenbei am Arbeitsplatz lustige Computerspiele spielen? Und werden sie lieber im Gang rumtratschen anstatt zu rabotten?
Intelligentes Blaumachen
Werden sie schon mittags den Bettel hinschmeißen und an den Baggersee fahren? Oder werden sie gleich ganz blaumachen, indem sie sich selbst raffiniert ausgedachte Entschuldigungen schreiben? Werden Roboter mit fortwährenden Geburtstags- und sonstigen Jubiläumsfeiern die Arbeit der Belegschaft die halbe Woche lang lahmlegen? Werden sie mit vorgetäuschten digitalen Defekten monatelang in der Reha herumfaulenzen?
Man weiß es nicht. Was die klugen Zukunftsforscher ebenfalls nicht bedacht haben, ist der segensreiche Obsoleszenz-Faktor. Denn die fiese menschliche Intelligenz sorgt bei der Produktion von Waren dafür, dass diese gezielt altern. Das bedeutet für ältere Roboter, dass an Sollbruchstellen wichtige Teile abbrechen, Scharniere einrosten und Dioden regelmäßig durchschmoren. Ähnlich wie der alternde Mensch wird der alternde Roboter mehr mit sich selbst zu tun haben als mit dem Plan, nach der Weltherrschaft zu greifen („Ächz, meine Scharniere!“).
Er wird höchst argwöhnisch verhindern, dass ihm jüngere Roboter dreist seine Arbeit wegnehmen, und störrisch darauf beharren, dass früher alles viel, viel intelligenter war. Und er wird schließlich diodenknirschend feststellen müssen, dass die Intelligenz auch immer künstlicher wird!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen